An der nördlichen Atlantikküste Marokkos

Urlaubstage am Atlantik

Interessant beladene Fahrzeuge sehen wir auf der viel befahrenen Nationalstraße von Marrakesch nach Essaouira. Für die 160 Kilometer lange Route brauchen wir länger als gedacht. Es ist eine anstrengende Fahrt: Beim Überholen wird nicht geblinkt, überholt wird rechts oder links, Pferdefuhrwerke werden von Fahrrädern und Motorrädern überholt, die Fahrspur wird nicht eingehalten – es herrscht ein freundliches Chaos. Wenn man einmal schneller als 60km / h fahren könnte, kommt sofort eine Geschwindigkeitsbegrenzung mit Kontrolle.

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Vom Peloponnes am Golf von Korinth entlang und durch Westgriechenland nach Korfu

23. November

Von Methana fahren wir an der Küste des Saronischen Golfs entlang nach Norden. Bei Korinth überqueren wir den Kanal von Korinth bei besserem Wetter als im letzten Jahr. Heute fahren hier auch zwei kleine Schiffe!

Wieder auf dem Festland, wollen wir Neues erkunden und fahren über Loutraki am Korinthischen Golf entlang, nach Perahora und an die Nordküste dieses Zipfels, der in Attika mündet. Loutraki ist ein ziemlich scheußlicher Touristenort mit heruntergekommenen Hotels und voller Fahrzeuge. Danach wird es immer einsamer, bis schließlich bei Paralia Shinou die Asphaltstraße als Schotterweg weitergeht.

Auch als dieser Weg nach etlichen Kilometern wieder in eine asphaltierte Straße übergeht, ist diese aufgrund von Unterspülungen und Fels- und Lehmabgängen infolge von Unwettern in großen Teilen zerstört und nicht besser befahrbar als die Schotterstrecke. Zudem hat es hier vor kürzerer Zeit gebrannt, die Gerippe  der Bäume und Sträucher begleiten uns einige Kilometer. Natürlich geht es auch hier wieder hinauf und herunter, und die Ausblicke sind wunderbar!

Nach etlichen Stunden Fahrt für eine Strecke von etwa 80 Kilometern kommen wir auf die Bundesstraße E962, auf der es nun wieder zügig voran geht Richtung Thieva. Der Fahrer eines uralten Lieferwagens überholt uns und fährt eine Weile neben uns her, macht Zeichen, lacht und ruft schließlich aus dem geöffneten Beifahrerfenster: „You habe a nice car!“. Immer freundlich, die Griechen!

Durch eine weite Ebene mit Kleinindustrie und Feldern fahren wir nach Westen. Hinter Aliartos bei dem kleinen Dorf Petra finden wir einen sehr ruhigen Übernachtungsplatz in den ersten Ausläufern des Küstengebirges. Das  Parnassos-Gebirge sehen wir rechts vor uns liegen, die höchsten Berge haben leichte Schneekuppen. Es wird kälter – und niederschlagsreicher!

Arachova

Am 24. November setzen wir die Fahrt bei Sonnenschein fort, an mehreren Schi- Zentren vorbei, zunächst bis zur Stadt Arachova, etwa zehn Kilometer vor Delfi, auf einer Höhe von etwa 900m gelegen. Ein Stadtrundgang begeistert uns: Die Lage erinnert an Langardia, allerdings ist dies ein touristischer Wintersportort – momentan noch ohne Schnee. Die zwei- bis vierstöckigen, traditionell gebauten Häuser stapeln sich über- und hintereinander am Hang. Eine Treppe führt bis zur oberen Kirche. In der Hauptstraße werden winterliche Accessoires angeboten – von moonboots über Handschuhe und Fellmützen. Der Winter naht!

Eigentlich wollte ich mir die archäologischen Ausgrabungen in Delfi anschauen, doch die Parkplätze rundum sind selbst jetzt im November so überfüllt, dass wir schließlich unverrichteter Dinge weiterfahren. Die Idee, auf einem der näher gelegenen Campingplätze einzukehren und von dort aus zu radeln ist schnell verworfen, da alle umliegenden Campingplätze geschlossen haben. Schließlich übernachten wir mit Erlaubnis des Besitzers bei Kirra in der Einfahrt zu einem Campingplatz am Meer.

Vor einem Campingplatz in Kirra

Nachmittags laufe ich den mit Bachläufen durchsetzten, grasig-lehmigen Strand entlang bis Kirra- Dorf und staune, wie heruntergekommen, dreckig und lieblos ein touristisches Dorf in der Nebensaison aussehen kann. Lediglich die Strandabschnitte, bei denen die Gärten der anliegenden Hütten bis an die Wasserkante hinausgehen, sind liebevoller gestaltet. Ein Durchgang bleibt, wie überall in Griechenland, für die Allgemeinheit geöffnet.

Entgegen der Annahme, an einem ruhigen Ort zu stehen, stellt sich in der Nacht die etwas oberhalb verlaufende Straße als Durchgangsstraße für Schwerlastverkehr heraus. Die LKWs donnern die halbe Nacht durch unsere Köpfe. Übermüdet fahren wir am nächsten Morgen früh einige Kilometer mit Biene weiter bis an eine Bergstraße bei Galaxidi und vertreiben den dicken Kopf bei einer Radtour über gut ausgebaute Straßen in die ruhigen, friedlichen, kaum von Autos befahrenen Bergregionen.

Bucht bei Galaxidi
Bucht bei Galaxidi

Nach dem Fahrradausflug geht es noch einige Kilometer weiter an der Küstenstraße E65 entlang. Die Ausblicke sind fantastisch, die Straße ist aber leider vielbefahren und die Orte zwischen Straße und Meer laden deswegen kaum zu einem längeren Aufenthalt ein. Wir übernachten vor Nafpaktos auf einem Hügel, von dem aus wir die Andirrio- Brücke nach Patras hinüber sehen können – vor einem rot-orangen Sonnenuntergang verabschieden wir uns endgültig vom Peloponnes.

Über Mesolongi fahren wir am 26. November weiter nach Etoliko, das nur über Brücken im See zu erreichen ist. Diese Region, die sich von Etoliko nach Westen und Norden erstreckt, gehört zu Westgriechenland und wird Akarnanien genannt. Hier im Süden dieser Region ist es flach, und zwischen den Schilfbecken und Sümpfen liegen große Seen, aus denen Salz gewonnen wird. Rosa Flamingos stelzen herum, aber sie sind zu weit weg, um ein gutes Foto abzugeben. Wie überall in Griechenland, wo es flach ist, haben sich Industrie oder Kleinbetriebe angesammelt – und es liegt viel Müll herum.

Wir fahren nach Norden, und kurz vor Astrakos wird die Landschaft wieder kleinteiliger, erste kahle Bergkuppen ragen vor uns auf. Einsam ist es hier, kaum ein Fahrzeug fährt auf diesen Wegen. Touristische Einrichtungen sucht man in dieser Ecke vergebens.

Wir suchen uns einen Platz für eine oder mehrere Nächte in den lehmig-orangen, mit Stachelpflanzen und Steinen bedeckten Strandabschnitten zwischen Straße und Meer. Hier haben Einheimische schmale Schotterwege angelegt und versteckte Sommerhütten aus Blech und Holz gebaut. Momentan ist alles verlassen, und wir finden einen ebenen Platz mit Aussicht.

bei Astrakos

27. November

Eigentlich wollten wir Rad fahren oder wandern, das Wetter spielt jedoch nicht mit. Mit etwas Regen und viel Wind setzt sich nun langsam auch in Griechenland der Herbst durch. Also fahren wir nach Norden auf der einsamen Küstenstraße Akarnaniens weiter und genießen die Ausblicke nach Lefkada und auf die vor uns liegenden Berge.

In Preveza beschließen wir bei einem reichhaltigen Omelette für Tom und einem „healthy breakfast“ mit drei dunkel gerösteten Weißbrotscheiben und Marmelade und Honig – der Orangensaft macht es wohl healthy – für mich, dass wir bis Igoumenitsa weiterreisen und dort entscheiden, ob wir nach Korfu übersetzen.

Auf Korfu

Die Entscheidung angesichts des halbwegs guten Wetterberichtes und der in zehn Minuten abfahrbereiten Fähre fällt für Korfu.

Unsere Fahrtroute über Korfu

In Lefkimmi im Süden Korfus landet die Fähre nach einer halben Stunde Fahrt an, und da es schon dunkel wird, suchen wir an der Südwestküste einen Nachtplatz auf park4night. Im Halbdunkel erkunden wir noch ein Stückchen Strandstraße, die schließlich im Meer versinkt.

An der Südwestküste Korfus
Südwestküste Korfus

28. November

Das Wetter enttäuscht uns nicht, so dass wir Korfus Süden mit den Fahrrädern erkunden können. Allerdings stellen wir schnell fest, dass dieser Teil der Insel sehr vernachlässigt und heruntergekommen ist. Siedlungen mit Hotels und Pensionen sind ungepflegt, dreckig und vermüllt, die Häuser oft zu lost places verkommen, und auch der Strand ist halbmeterhoch mit Algen bedeckt. Mülltonnen werden offenbar viel zu selten geleert.

Ganze Straßenzüge so wie in Kavos wirken wie in einem Westernfilm: flache, heruntergekommene einfache Gebäude mit großen Eingangstoren, englischsprachige Reklameschriftzüge, die auf Tattoo-Studios, Kasinos, street food, Saloons und Vermietungen aller Art hinweisen… Alles hat geschlossen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass hier in der nächsten Saison auch nur ein Laden öffnet.

Die Straßen sind deutlich löchriger und schadhafter als auf dem Peloponnes, und man muss sehr gut Acht geben, dass man nicht in einem der tiefen Löcher stürzt.

Natürlich gibt es auch schöne Ecken in diesem Teil der Insel – vor Allem, je weiter man nach Norden kommt, und überall dort, wo Menschen nicht versucht haben, mit dem Touristenboom mit wenig Aufwand viel Geld zu scheffeln. So sehen wir auf unserer Runde eine unglaublich grüne Insel, es wachsen allerorts Laub- und Nadelbäume und sehr viele große Zypressen ragen in den Himmel. Zur Zeit werden in den großen Olivenwäldern gerade Oliven geerntet, die Netze überspannen den Boden.

Tags darauf ist es noch einmal sonnig, morgens zwar mit 9 Grad so kühl, dass wir Handschuhe und Kopfbedeckung anziehen, aber nachmittags wird es 15 Grad. Wir radeln nun von der mittleren Westküste – auf einer Linie mit Korfu-Stadt – aus los.

Korfu scheint nur aus Hügeln und Bergen zu bestehen. Es geht steil hinauf und steil wieder herunter, und innerhalb weniger Kilometer ist man 500 Höhenmeter gefahren. Das bringt natürlich die schönsten Aussichten mit sich. Auf der heutigen Tour erradeln wir zunächst den „Kaiser´s throne“, eine nach Kaiser Wilhelm II benannte Aussichtsplattform, von der man bis nach Korfu-Stadt und weit darüber hinaus die Bergketten auf dem Festland sehen kann.

Aussicht von des Kaisers Thron

Anschließend geht es hinab nach Agios Gordios an der Westküste und wieder hinauf über die Bergdörfer Kato Garouna und Ano Garouna. Neben schönen Landschaften mit unglaublich viel Grün sehen wir abgebrochene Fahrbahndecken und heruntergekommene Dörfer einerseits, schöne Villen und hübsche Touristendestinationen andererseits.

So einsam, so wenig touristisch, so autoleer und sauber wie der Peloponnes ist Korfu lange nicht! Und unter den Straßen leiden Auto und Fahrräder – oder besser: Diejenigen, die auf den Fahrrädern sitzen!

Am Nachmittag suchen wir einen großen Parkplatz in Paleokastritsa am Agios Petros-Beach auf. Im Sommer wird dieser brechend voll sein, denn drei attraktive Badebuchten liegen direkt nebenan. Wir wollen die nächsten beiden Tage hier verbringen. Regen ist angesagt, erst wenig, dann mehr. Außer uns parkt hier kein Mensch.

Parkplatz Paleokastritsa

So lange es noch trocken ist, wandere ich nachmittags auf den Klosterberg – und, natürlich – kann ich von hier die umliegenden Buchten und einen Teil der Westküste überschauen.

Am nächsten Vormittag kann ich noch bei trockenem Wetter hinauf nach Lakones, einem kleinen Dörfchen oberhalb der Strände und Buchten, laufen. Der Hinweg nach Lakones führt über einen steilen Eselspfad. Von dem kleinen Ort aus und auf dem Rückweg kann ich über die Buchten mit den Bergen und den Stränden blicken.

Lakones – Aussicht auf die Buchten

Riesige Olivenwälder durchquere ich auf dem Rückweg. Anders als in den bisher bereisten Regionen werden die Olivenbäume hier offenbar nicht geschnitten und wachsen wild wie ein Wald. So werden sie mächtig und stehen dicht. Anders als sonstwo werden die Oliven auch nicht von den Bäumen geschlagen. Vielleicht ist das auch an den überwiegend steilen Hängen zu mühsam. Stattdessen liegen unter den Bäumen riesige Netze, die die herunterfallenden Früchte auffangen. Sogar über den Fahr- und Wanderweg sind einige Netze gespannt, und Hindernisse wie Autos oder Boote werden mit eingesponnen. Was für eine Arbeit es allein sein muss, die Netze mit „Schaschlikstäbchen“ zu verbinden! Die Arbeiter*innen sammeln die Oliven auf, indem sie ein Netz mit einem Haken am Stiel anheben und die Früchte alle in eine bestimmte Richtung kullern, wo sie in Eimer gefüllt werden.

Später am Meer hat der Wind deutlich aufgefrischt, und es beginnt zu regnen – erst wenig, dann so lange und kräftig, wie wir es seit Wochen nicht erlebt haben.

Wir wollen den Norden der Insel noch ein wenig erkunden und fahren nach Angelokastro. Die Ruine der im 13. Jahrhundert erbauten Festung thront hoch oben auf einem Hügel direkt am Meer in der Nähe von Paleokastritsa. Angelokastro war ein Teil des venezianischen Frühwarnsystems, mit Rauchzeichen wurden Gefahren zur Festung nach Korfu-Stadt weitergemeldet. Heute steht nur noch wenig mehr als die restaurierten Grundmauern – die weite Sicht bleibt auch bei Nieselwetter noch gut.

Am 1. Dezember fahren wir an der Nordwestküste weiter bis zum Loggas beach. Das Café mit dem Mini-Skywalk hat leider geschlossen, so machen wir hier nur einen Erkundungsgang zum „Strand“ mit den außergewöhnlichen geologischen Formen aus einer Art Sandstein und Lehm oder Ton. Die Küste bröckelt hier und wird vermutlich immer wieder in großen Stücken abbrechen, die Betontreppe am Strand ist schon ins Meer gerutscht. Ersatzweise gibt es eine provisorische Treppe aus Paletten.

am Loggas beach

Bevor es dunkel wird, laufen wir noch ein Stück weiter in Richtung des Cape Drastis. Im Dorf ist jedes zweite Haus verfallen und verlassen, Müll stapelt sich, wie so oft, auf den Grundstücken. Gebäude, Grundstücke und Straßen stehen in einem starken Widerspruch zur umgebenden Natur.

Cape Drastis
am Cape Drastis

Wir übernachten auf dem ansonsten leeren Parkplatz, um am nächsten Tag die wohl letzte Radtour dieser Reise zu machen. Doch heute haben wir noch einmal Glück und können den Nordwestzipfel Korfus noch genauer erkunden. An der Küste entlang geht es nach Agios Stefanos, einem großen touristischen Küstenort, mit kleineren und größeren Hotels. Alles liegt verlassen da, und Häuser, Grundstücke, die Küstenpromenade und die Straßen wirken angegammelt: Hier ein abgebrochenes Geländer, da eine umgefallene Straßenlampe, dort fehlen die Dachziegel und die Farbe an den kleinen Geländersäulen aus Beton ist abgeblättert. Müll liegt überall herum – vom Haushaltsmüll bis zum Sperrmüll. Einwohner, die ganzjährig hier wohnen, gibt es anscheinend nicht viele.

Die Küstenlinie mit den Ausblicken entschädigt für die oft hässlichen Siedlungen.

Was uns auch jetzt wieder auffällt: Korfu ist dicht besiedelt, es folgt eine Ortschaft auf die nächste, und entsprechend stark ist der Verkehr. Leider sind die Straßen den Anforderungen nicht gewachsen, wir fühlen uns während dieser Tour wie nach Albanien versetzt. Schlagloch folgt auf Querrille, Abbrüche sind keine Seltenheit. Bei Agios Arillas schieben wir durch den Straßenschutt und den Fluss.

Bergab und wieder bergauf radeln wir, und wieder bergab und wieder bergauf, nun nach Afionas hinauf, von wo man einen Blick auf den bekannten langen Timoni beach hat. Hier gibt es viele private, bewohnte Häuser, das dem Ort sogleich einen angenehmen Charakter verleiht.

Oben angekommen auf dem Landzipfel genießen wir unsere Vesper am „sunset viewpoint“, bevor wie ins Landesinnere durch Oliven- und Pinienwälder weiterradeln.

Auch in Agros sehen wir viele kaputte und/oder verlassene Häuser. Ich lese, dass Korfu zu den wohlhabendsten Gebieten Griechenlands gehört. Wie passt das zusammen?

Weitblick bis nach Albanien

Nach dieser Radtour verschnüren wir die Fahrräder fest und regensicher auf dem Radträger und bewegen uns mit Biene am Folgetag langsam an der Nordküste, dann an der Ostküste entlang auf Korfu-Stadt zu. Die Abschnitte mit den meist kurzen Sand- und Kiesstränden gefallen uns nicht, zumal sie meistens eine dichte touristische Bebauung mit sich bringen, die felsigen Küstenabschnitte sind schön. An der steilen Ostküste fährt man oberhalb der Küste mit Blick aufs Meer, während von der Hauptstraße im Norden oftmals die Küste nicht zu sehen ist. Überall ist sehr langsames Fahren ein Gebot, da der Zustand der Straßen in erbarmungswürdigem Zustand ist.

Gegen Nachmittag erreichen wir Korfu-Stadt und parken nahe beim Fährhafen. Durch die schmalen Gassen, durch die verwinkelten Treppen und Häuserblocks und über die breiteren Straßen der Stadt schlendern wir und bekommen einen ersten Eindruck: Buntes Treiben und Leben herrscht hier, es gibt eine Vielfalt von Läden, Cafés, Creperien, und eine gute Stimmung flirrt durch die Sträßchen. Aber auch sehr viele marode Bauwerke gibt es, von denen der Putz bröckelt und die Fenster kaum in den Laibungen gehalten werden. Wir gehen sehr gut essen und schlafen weniger gut auf dem städtischen, lauten Parkplatz.

Am Sonntag möchte ich die Festungen besichtigen. Bei der „neuen“ Festung – eine venezianische Festung, die in den Grundzügen auch schon über 350 Jahre alt ist und später zum Schutz vor den Türken erweitert wurde – stehe ich vor verschlossenen Toren, bei der Besichtigung der „alten“ Festung werde ich von sturzflutartigem Regen völlig durchnässt. Auch Tom kommt tropfnass wieder am Camper an.

Am 5. Dezember geht es mit der Fähre zurück nach Igoumenitsa.

Von Petalidi nach Koroni

12. – 16. Januar

Wir verlassen Kalamata und richten uns 30 Kilometer weiter, am nördlichen Ende des westlichen Fingers, in Petalidi ein.

Ein schöner Platz ist das hier: Direkt an der Küste, noch in der Bucht mit Blick auf Kalamata und auf das Taygetos- Gebirge, auf einem Platz, der so groß und so weit weg vom Ort ist, dass man niemanden stört, aber nah genug an den Geschäften, so dass Einkaufen möglich ist. Hier verbringen wir einen ruhigen Tag und eine noch ruhigere Nacht, bevor wir einen Ausflug zu den Polylimnio- Wasserfällen unternehmen.

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Durch Albaniens Norden bis nach Berat

3.-9. November

Drei Tage bleiben wir im südlichsten Zipfel Montenegros bei Doni Stoj. Das Wetter ist grau, und wir machen einige Strandspaziergänge, wenn es nicht regnet.

Neben Strandgewächsen und Strandgut findet sich hier überall auch angespülter Müll, vor Allem Plastikflaschen, Schuhe, Kinderspielzeug.

Wir bereiten uns auf Albanien vor und zeichnen in die Karte ein, welche Orte und Gegenden wir besuchen möchten.

Am 5. November reisen wir in Albanien ein. Ausweiskontrolle, KFZ-Schein, und nach ein paar Minuten sind wir im Land. Noch nie mussten wir unsere Impfausweise vorzeigen. Im ersten Vodaphone- Shop kaufen wir eine SIM- Karte und können auch gleich Euro in Lek tauschen, alles klappt gut. Über die SH1 fahren wir durch das weite, dicht besiedelte Tal Richtung Leshe. Schweren Herzens haben wir die Fahrt nach Theth und durch das Valbona- Tal sowie über den Koman- Stausee gekänzelt: Zu ungewiss und kalt ist das Wetter dort im Gebirge vorhergesagt.

Die ersten Eindrücke von Albanien: Es gibt an der SH1 entlang sehr viel Industrie, alle 500m eine Tankstelle und sogar alle 200m eine mehr oder weniger improvisierte Autowaschanlage. Ungeheuer viel Plastikmüll liegt am Straßenrand. Der Verkehr ist dicht, und keiner der albanischen Autofahrer hält sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen, die selbst für unsere Maßstäbe sehr oft übertrieben gering sind. So soll an jeder Einmündung auf 40 km/h abgebremst werden, oft sogar auf 20 km/h. Durchgezogene Mittelstreifen werden bei Überholmanövern grundsätzlich überfahren. Dennoch habe ich den Eindruck, dass hier rücksichtsvoller als in Montenegro gefahren wird.

Viele kleine Ein- oder Zweipersonen-Bunker, Überbleibsel aus der Zeit Enver Hoxhas, zieren die Wiesen und Seitenstreifen. Von diesen Bunkern wurden knapp 175.000 gebaut, um die Bevölkerung vor „inneren“ und „äußeren“ Bedrohungen zu schützen.

Unser erstes Ziel, der agro tourismo in Mrizi i Zanare, enttäuscht uns, weil es dort entgegen unseren Erwartungen im Ladengeschäft nicht die in der entsprechenden Literatur angegebenen verlockenden Köstlichkeiten zu kaufen und im Restaurant auch kein Frühstück mehr gibt.

Wir setzen unseren Weg fort bis zur Patok- Lagune bei Leshe und parken dort an einem der zahlreichen Fischrestaurants, die auf der schmalen Landzunge in neuester Zeit entstanden sind. Im Nieselregen laufen wir auf der Landzunge entlang und schauen den Fischern zu, die mit seltsamen Konstruktionen von zusammenziehbaren, quadratischen Netzen, die an einem Gestänge befestigt sind, kleine Fische aus der Lagune ziehen.

Auch in der Lagune liegt überall Müll herum. Flüsse und andere Gewässer werden in Albanien noch als große Müllkippe gesehen, nur zwei Küstenstädte haben eine Kanalisation, die die Abwässer nicht ins Meer ableitet. Interessant sind für uns auch die unvollendeten Anlagen und Gebäude, zumal die offensichtlichen Bausünden schon jetzt bedenklich anmuten.

Die Restaurants auf der Lagune haben ein festes Gebäude mit Parkplätzen auf der Landzunge, einzelne Hütten stehen als Pfahlbauten im Wasser. In einer dieser Hütten essen wir zu Abend: Shrimps, Spaghetti mit Meeresfrüchten, ein großer Salat, Oliven, Wein und Wasser für 20 Euro. Tom bekommt zuvor noch einen Raki und eine Tasse Kaffee vom Chef des Hauses ausgegeben.

Auf dem Parkplatz des Restaurants verbringen wir eine ruhige Nacht.

Am 6. November fahren wir morgens weiter Richtung Tirana, durch eine weite Ebene, die uns, wie schon wie am Tag zuvor, wenig reizvoll erscheint. Viele Industriebetriebe, viele Neubauten, viel Lärm, viele Tankstellen, sehr viele Waschanlagen, dichte Besiedlung – und viel Müll. Etwas enttäuschend – Radfahren ist hier kaum vorstellbar.

Viele Menschen freuen sich, wenn sie uns vorbeifahren sehen, grüßen und winken. 14 Kilometer vor Tirana suchen wir den Campingplatz Tirana auf, der der albanischen Hauptstadt am nächsten liegt, aber dennoch ruhig ist. Wir müssen dringend Wäsche waschen, und hier gibt es eine Waschmaschine, und das Wetter soll heute und morgen sonnig werden. Also wird gleich die erste Maschine angeworfen.

Die Hausherrin kommt mit Begrüßungs- Raki vorbei und erzählt ein bisschen auf unsere neugierigen Fragen hin. Sie spricht ein wenig Englisch, zum Glück, denn die meisten Albaner sprechen kaum Englisch, eher Italienisch, historisch bedingt haben die Älteren Italienisch als 1. Fremdsprache gelernt. Sie berichtet vom friedlichen Zusammenleben und -feiern der Moslems und unterschiedlichen christlichen Richtungen, ihr Mann ist Moslem, sie selbst hingegen Christin. Probleme gibt es bei solchen Konstellationen wohl eher nicht.

Ich laufe ein paar Kilometer um den naheliegenden See und werde von allen Menschen, die mir begegnen, freundlich, teils überschwänglich begrüßt und mit Händen und Füßen gefragt, woher ich komme, und wie es mir hier gefällt.

Für den nächsten Tag haben wir ein Taxi bestellt, mit einem sympathischen jungen Pärchen gemeinsam fahren wir nach Tirana. Eigentlich hatten wir vor, mit den Fahrrädern zu fahren, doch davon wurde uns dringend abgeraten. Während der Fahrt erkennen wir, dass das sinnvoll war: Zu dicht ist der Verkehr, und wenn auf vierspurigen Straßen 6 Spuren genutzt werden, ist für Radler kaum noch Platz. Unser Taxifahrer fährt sehr umsichtig und wir staunen, dass man auch auf der Stadtautobahn noch herumlaufenden Ziegen und Kühen und Fußgängern ausweichen kann.

Einige Stunden erkunden wir Tirana, bevor uns das Taxi wieder abholt. Vom großen Platz mit dem Denkmal für Skanderbeg, einem Nationalhelden, der seit dem 19. Jahrhundert als identitätsstiftende Figur gilt, weil er sich für die Einheit Albaniens eingesetzt hat, schlendern wir durch die Stadt.

Der Weg führt vorbei an der Ethem- Bey- Moschee, in die auch ich als Frau und Touristin hereingebeten werde und auch fotografieren darf. Die Moschee blieb während der Zeit Enver Hoxhas unberührt, zu dieser Zeit wurde sie sogar unter Denkmalschutz gestellt, während viele Religionsstätten zerstört wurden.

Gleich neben der Moschee befindet sich der alte Uhrturm Tiranas. Er wurde 1822 gebaut und galt mit 35 m Höhe einst als das höchste Gebäude Tiranas. Unvorstellbar – heute türmen sich daneben und im direkt angrenzenden Umfeld unzählige Hochhäuser.

In der belebten kleinen Fußgängerzone, die sich in den Mauern der ehemaligen Befestigungsanlage erstreckt, verlocken jede Menge Cafés und Restaurants.

große Moschee

Am meisten beeindrucken uns jedoch die farbigen und forminnovativen Häuser. Einige Überbleibsel aus sozialistischer Zeit sind, bereits nach dem Machtwechsel unter dem damaligen Bürgermeister und jetzigen Ministerpräsidenten Edi Rama, dem Einheitsgrau entronnen und farblich abgesetzt worden. Bei neueren Gebäuden ist dieser Hang zur Farbe aufgegriffen und interessant umgesetzt worden. Doch auch die Formen der Hochhäuser sind vielfältig und spannend.

Die Regierungsgebäude sind ebenfalls farblich mehr oder weniger stark in Szene gesetzt worden, oft im italienischen Stil.

Das BunkArt- Museum, welches den Terror durch Militär und Geheimdienste während des 2. WK und des Sozialismus präsentiert, ist leider didaktisch nicht auf dem neuesten Stand und zudem ist Vieles nur auf Albanisch erklärt.

Nach dem anstrengenden Stadt- Ausflug sind wir froh, mit dem Dunkelwerden wieder am Campingplatz zu sein und trinken uns noch einen Wein mit den Nachbar*inne*n. Am darauf folgenden Tag fahren wir weiter Richtung Süden.

8. November

Eigentlich wollten wir nach Elbasan fahren und uns die Stadt anschauen, fahren aber, nachdem einige schwierige Interventionen mit den heimischen Behörden erforderlich und erfolgreich waren, schließlich über gut ausgebaute Straßen noch weiter über Elbasan hinaus bis nach Berat, wo wir einen kleinen Stellplatz am Fluss Osum, etwa 3 Kilometer außerhalb der Stadt, finden. Auf dem Weg dorthin kommen wir durch Kucove und staunen über die zahlreichen kleinen Erdöl- Fördertürme. Hier wurde seit etwa 1930 Erdöl gefördert, und auch heute sind noch einige der Anlagen in Betrieb. Es riecht nach Öl, und die Gemüsegärten sind von einer schwarzen Schmiere überzogen.

Am 9. November radeln wir schon früh vom Stellplatz nach Berat hinein. Die Straße ist wenig befahren und asphaltiert, ein Glück!

Berat gilt als eine der schönsten Städte Albaniens. Sie liegt direkt am Osum, der zur Zeit nur wenig Wasser führt und mehr wie eine Kies- Abbauhalde aussieht. Etliche Bagger schaufeln und schieben den Kies im Fluss von rechts nach links. Schon nach zwei Kilometern haben wir einen schönen Blick auf den Burgberg Kala und das berühmte, seit 2008 auf der UNESCO- Weltkulturerbeliste vertretene Stadtviertel Mangalem. Die Stadt ist zwar 2400 Jahre alt, wurde aber nach dem schweren Erdbeben 1851 fast komplett neu aufgebaut. Aus dieser Zeit stammen die Wohngebäude, die dicht am Hang kleben und durch sehr schmale Gassen getrennt sind. Sie bestehen aus einer mehrstöckigen Holzkonstruktion, die weiß verputzt wurde, und das 1. Stockwerk steht oft über das Parterre hinaus auf den Weg über. Die zahlreichen Fenster sind ortsbestimmend, die Stadt wird auch „Stadt der aufeinander gestapelten Fenster“ oder „Stadt der 1000 Fenster“ genannt.

Wir radeln zuerst den sehr steilen Burgberg hinauf. Die Festung ist noch bewohnt, und direkt nach dem 1. Tor zur Vorburg bieten ältere Bewohner ihre Hilfe bei einem Rundgang an. Wir lehnen dankend ab und erkunden das 200 Gebäude umfassende Areal lieber alleine. Wenige Ruinenreste stammen noch aus dem 4. Jahrhundert vor Christus und aus dem 13. Jahrhundert.

Von der gesamten Burganlage aus hat man einen schönen Blick auf die Stadt und das Tal des Osum.

Wir wandern durch die Anlage und erkunden leer stehende Gebäude, Mauerreste einst prunkvoller Wohngebäude, Kirchen und Moscheen.

Die Zisterne ist noch gut gefüllt – mit Wasser und Müll. Einst konnte man hierin 150000l Wasser sammeln.

Schmale Gassen und kleine Restaurants laden ein, herumzuspazieren und hier oder dort einen Kaffee zu trinken. Wir treffen zufällig Bekannte aus Rijeka Crnojevica und nutzen das gastronomische Angebot.

Nach dem Besuch der Burg radeln wir zurück in die Stadt, schauen uns ein wenig um und machen anschließend einen Ausflug in die umliegenden Berge, um die Möglichkeiten für Radfahrer*innen zu erkunden.

Blick von der Fußgängerzone auf den Burgberg

Vom Stellplatz aus fahren wir mit den Rädern etwa vier Kilometer auf asphaltierter Straße am Osum entlang, dann ändert sich der Straßenbelag in festen Schotter und wird schnell zu Geröll und Matsche. Hier können wir nicht weiterfahren, drehen um und versuchen einen anderen Weg weiter westlich, in die Berge. Hier haben wir zunächst mehr Glück, kilometerweit geht es über eine neue Asphaltdecke bergauf. Es bieten sich schöne Ausblicke auf das Tomorr- Gebirge und den Lauf des Osum. Viele Fußgänger*innen kommen uns entgegen, grüßen und lachen und oben im Dorf auf dem Berg laufen Kinder um uns herum und winken.

Leider müssen wir nach sechs Kilometern umkehren, da die Straße nun doch als Schotterweg fortgesetzt wird. Mal schauen, ob wir in den nächsten Tagen noch eine gut ausgebaute Fahrradstrecke finden!

Einmal Durmitorgebirge und zurück

17. Oktober

Für den heutigen und die nächsten vier Tage ist im Bergland Montenegros sonniges Wetter und Temperaturen bis 13 Grad gemeldet. Wir wollen diese Tage nutzen, um die Gegend im Norden und Nordosten rund um das Durmitorgebirge kennen zu lernen.

Über eine gut ausgebaute Verbindungsstraße fahren wir über das Orjen- Gebirge Richtung Niksic. Aus der Höhe können wir einen großen Teil der Bucht von Kotor noch einmal anschauen. An jeder Haltebucht wird gehalten, die Ausblicke sind immer noch beeindruckender.

Unmittelbar vor die Füße darf man allerdings an keinem Rast- und Halteplatz sehen, trotz etlicher herumstehender Müllcontainer sammelt sich hier achtlos weggeworfener Müll, von Plastik über Papier und Pappe bis zu Exkrementen.

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