Von den Highlights Kastiliens bis zur Alhambra in Granada

Von Saragossa aus reisen wir gut 100 Kilometer nach Südwesten bis Nuévalos, einem kleinen Ort am Embalse de la Tranquera. Etwa drei Kilometer weiter liegt das Monasterio de Piedra, dessen Wasserpark- Anlage wir besuchen wollen. Das Kloster ist schon seit 1843 in weltlichen Händen und wurde in den Folgejahren zu einem luxuriösen Hotel mit dahinter liegendem Landschaftsgarten umgebaut. Der Park bietet für den nicht geringen, aber lohnenswerten Eintrittspreis von 12,50€ für eine/n „Senior/in“ eine unglaubliche Vielfalt an Wasserfällen, Bächen, Seen, Felsen und Felshöhlen und Pflanzen.

Gespeist wird der Park durch den Fluss Piedra, der durch den Park mäandert und sich immer wieder in neuen Formen ergießt, das Karstgestein aushöhlt und schließlich als 50 Meter hoher Wasserfall  in einer tiefen Schlucht mündet. Wie verzaubert wandern wir durch die Wasserwelt, klettern durch einen Gang in einer Karsthöhle, um 30 Meter tiefer in der Schlucht wieder herauszukommen und um einen kleinen See herumzuwandern. Durch einen Tunnel im Karstgestein gelangen wir wieder zum Eingang des Parks.

Gegen Abend suchen wir uns einen schönen ruhigen Nachtplatz am Embalse de Tranquera, der von Kiefern und Pinien umstanden ist.

30. November

Morgens fahren wir bei Sonne und milden Temperaturen weiter Richtung Sigüenza, vorbei an Mandelbaumplantagen, über erdig getönte Hügel und durch rotbraunes Felsgestein auf einer fast leeren, tadellos glatten Autobahn. Über Hochebenen und den Col de Lodares auf 1083 Metern geht es nach Sigüenza auf 950 Metern Höhe.

Während der Fahrt hat es zu regnen und zu stürmen begonnen, und während der nächsten Nacht auf dem Stellplatz in Sigüenza regnet und stürmt es pausenlos weiter. Am Morgen des 1. Dezember sind die Temperaturen auf etwa 0 Grad gesunken. Gegen 12 Uhr mittags klart es auf, und wir erkunden bei Sonne den etwa 1,5 Kilometer entfernten Ort.

Blick auf Sigüenza vom Stellplatz aus

Die kleine Stadt hat einen kulturhistorisch bedeutsamen Stadtkern. Im Jahr 1124 eroberten Christen die bis dahin maurische Stadt zurück, und in dieser Zeit wurde bereits mit dem Bau der mächtigen romanischen Kathedrale begonnen.

Über die Plaza Mayor gehen wir durch schmale Straßen hinauf zur aus dem 12. Jahrhundert stammenden ehemaligen Burg, in der heute ein Hotel  beherbergt ist.

Durch die grün- braunen hügeligen Ausläufer des Parc Natural de Alto Tajo fahren wir nachmittags, um uns etwas später an Madrid vorbei zu quälen – einem verkehrstechnisch gesehenen Moloch mit unzähligen Autobahnen dicht neben- und übereinander, die zudem mehr als überfüllt sind. Offenbar sind alle Spanier um die Hauptstadt herum im Auto unterwegs.

In Toledo, unserem nächsten Etappenziel, erwischt die Polizei uns dabei, wie wir unerlaubterweise links abbiegen. Mit Blaulicht werden wir überholt und angehalten. Der Polizist spricht nur Spanisch, aber die wenigen für uns verständlichen Worte, Gesten und Mimik besagen, dass dieses Vergehen eigentlich mit 200€ bestraft wird; da aber gerade die Vorweihnachtszeit beginnt und wir uns vielmals reuevoll entschuldigen, wird uns die Strafzahlung mit einer Ermahnung und einem Augenzwinkern erlassen. Glück gehabt!

Kurz darauf finden wir einen ruhigen Parkplatz hinter einer Kirche nahe der Altstadt. Von hier aus können wir am folgenden Tag die Stadt im Flachland von Kastilien- La Mancha erkunden. Sie liegt auf einem Hügel, der vom Rio Tajo teilweise umschlossen wird.

Blick von Toledos Stadtmauer auf den Tajo

Die Stadt ist über 2000 Jahre alt; sie wurde von den Römern gegründet und im Verlauf der Geschichte von Westgoten, Alanen, Mauren und Christen beherrscht. Interessant ist, dass hier über Jahrhunderte Araber, Christen und Juden friedlich miteinander gelebt haben. Durch eine tolerante Politik erschlossen sich die christlichen Herrscher nach dem 13. Jahrhundert Wissen und Kultur der islamischen und jüdischen Welt. Die Bauwerke von Bedeutung stammen aus den verschiedenen Epochen der unterschiedlichen Herrschaften.

An den Außenwänden der Klosterkirche sind zahlreiche Ketten angebracht, die angeblich von christlichen Sklaven stammen, die aus maurischer Gefangenschaft befreit wurden.

Toledo galt als Hochburg der Waffenschmiede; heute werden Schwerter und Messer aller Art in den Schaufenstern dargeboten. Don Quichote, der hier und in der Mancha in den Erzählungen seine Abenteuer erlebte, wird immer wieder dargestellt.

Wir verlassen Toledo am Nachmittag und fahren weiter in südöstlicher Richtung bis Consuegra. Neben der Autobahn werden auf den Feldern ringsum Oliven angebaut, und zu dieser Jahreszeit ist es recht grün. Consuegra liegt am Rande einer riesigen Hochebene auf etwa 740m Höhe. Das Städtchen selbst wird von einem langgezogenen Burghügel überragt, und auf dem Kamm stehen etliche weiß getünchte Windmühlen in einer langen Reihe – typisch für die Mancha. Unterhalb stehen auf einem Parkplatz drei Camper, wir stellen uns mit Biene dazu.

Gegen Abend leuchten Burg und Windmühlen erst in den letzten Sonnenstrahlen, etwas später dann im Scheinwerferlicht vor dem dunklen Nachthimmel.

Sonntag, 3. Dezember

Früh am Morgen ersteigen wir in den ersten Sonnenstrahlen den Burghügel und laufen die Reihe der vor einem blauen Himmel hübsch anzuschauenden Windmühlen ab. In die maurische Burg kommen wir nicht, aber hinter der Burg in Richtung der Stadt stehen weitere Windmühlen, die wir umrunden, bevor wir hinabsteigen zu unserem Camper und weiterfahren nach Süden.

Windmühlen in Consuegra mit der Figur Don Quichotes

Gerne hätten wir in den Naturparks rechts und links des Weges ein paar Radrunden gedreht, doch es ist mit morgens 0 und mittags 7 Grad einfach zu kalt. Deswegen beschließen wir, zügiger als geplant ans Mittelmeer zu fahren. Durch den Gebirgsdurchbruch in der Sierra zwischen Kastilien-La Mancha und Andalusien geht es durch den Desfiladero de Despenaperros, eine tiefe Schlucht mit gleichnamigem Fluss, bis nach Santa Elena.

Olivenhaine, soweit das Auge reicht, begleiten uns auf der andalusischen Seite der Sierra über viele Kilometer bis kurz vor Granada. Dazu liegt der typische Geruch der Olivenverarbeitung in der Luft, gepaart mit dichten weißen Qualmwolken, die sich in den Senken zwischen den Hügeln verteilen.

Die kleine Stadt Baeza erreichen wir am Nachmittag und machen uns gleich auf zu einem Stadtrundgang. Das historische Zentrum von Baeza liegt innerhalb von Burgmauern und beherbergt etliche repräsentative Gebäude verschiedener Stilrichtungen. Sie dienten vom 16. bis ins 19. Jahrhundert der universitären Bildung und sind heute der Sitz der Internationalen Universität von Andalusien.

Nach einem Stadtrundgang in Baeza versuchen wir, in der Stadt ein geöffnetes Restaurant zu finden, doch diese haben alle erst ab 21 Uhr geöffnet – und das passt nicht zum Hunger. Schließlich kaufen wir noch Olivenöl, kochen selbst und verbringen die Nacht auf dem nicht ganz ruhigen Stellplatz neben dem Busbahnhof.

Tags darauf fahren wir sehr gemächlich Granada entgegen – leider sieht man wegen der tief hängenden Wolken und des Nieselregens nur sehr wenig von der landschaftlich schönen Umgebung.

Den Parkplatz an der Alhambra erreichen wir gegen 16 Uhr und dürfen hier nun 24 Stunden für 35,15€ stehen bleiben – ohne jede Dienstleistungen. Da es noch hell ist, laufen wir eine Runde auf dem schön angelegten Fußweg um die Alhambra herum bis in die Altstadt von Granada. Mächtige Palacios stehen an der Carrera del Darro, und in den Erdgeschossen der kleineren Häuser ist ein Souvenierladen nach dem nächsten, abwechselnd mit einladend aussehenden Restaurants.

5. Dezember

Seit Jahren möchte ich sie besuchen, und nun haben wir um 10.30 Uhr einen festen Besuchstermin am Eingang der Nasridenpaläste innerhalb der Alhambra. Gegen 9.30 Uhr starten wir unseren Rundgang, nachdem Tickets und Personalsausweise geprüft und für in Ordnung befunden wurden.

Die Alhambra ist eine riesige Burganlage mit 740 Metern Länge auf einem Hügel oberhalb Granadas und hat besondere Bedeutung wegen der einmaligen Beispiele maurischer und islamischer Baukunst.

An der früheren Medina, deren ursprüngliche Wohn- und Handwerkershaus- Bebauung mit Fundamenten dargestellt ist, gehen wir vorbei über heckenbestandene Wege, durch einen kleinen Klostergarten und der Kirche Santa Maria.

Am Palast Karls des Fünften, einem protzigen, von außen kubischen Gebäude mit rundem Innenhof aus der Renaissance führt der Weg vorbei zu den Nasridenpalästen.  Eine Menschenschlange steht schon am Eingang, wir stellen uns an. Laut google sind heute „weniger Besucher als gewöhnlich“ hier – wie mag es dann erst bei sommerlicheren Temperaturen sein? Am Eingang zu den Palästen werden die Ausweise und Eintrittskarten einmal mehr gescannt, an diesem Tag müssen wir sie mindestens sechsmal vorlegen.

In den Palästen kommt man aus dem Staunen – und dem Fotografieren – allerdings auch nicht mehr heraus. Regierungssitz und Privaträume der maurischen Herrscher befanden sich hier, die meisten stammen aus dem 14. Jahrhundert, einer ist prachtvoller verziert als der vorige.

Die Bögen, Schriftzüge und Arabesken sind nicht aus Stein, sondern aus Stuck gefertigt, und auch die stalaktitenförmigen Gewölbe (Murqarnas) sind aus Stuck.

Besonders beeindruckend ist auch das „Wasserkonzept“ innerhalb der Paläste. Die gesamte Anlage wird durch ein geniales hydraulisches System bewässert. Im Innenhof, um den die Wohnräume gelagert sind, schaffen fließendes Wasser und Pflanzen ein gutes Klima in den heißen Monaten. Wasser wird durch eine lange breite Rinne oder in einem anderen Hof durch vier schmale Rinnen entlang der Hauptachsen geführt. Außerdem plätschern überall kleine und größere Springbrunnen.

Nach der Besichtigung der Nasridenpaläste besichtigen wir die Alcazaba, die Burganlage, die  1238 an dieser Stelle vom ersten Sultan der Nasridendynastie erbaut wurde. Diese Anlage ist von mehreren sehr hohen, klotzigen Türmen mit Mauern umschlossen. Von den verschiedenen Türmen hat man sowohl eine hervorragende Sicht über ganz Granada und Umgebung als auch über das in seinen Fundamenten wieder errichtete Viertel, in dem die Soldaten des Sultans lebten.

Die Sonne kommt langsam durch die bislang dichte Wolkendecke, und so laufen wir nach einem Imbiss weiter auf den Cerro del Sol, wo die Nasridensultane Vergnügungs- und Gemüsegärten anlegten, den heute sogenannten „Generalife“. Auch hier sorgt ein von den Nasriden angelegtes Bewässerungssystem für ein angenehmes Klima und genügend Wasser in den Hitzemonaten.

Ein Freilufttheater, die Residenz des Monarchen, ein Haus für Gäste und für die Sultanin ergänzen das Ensemble.

Von diesem Hügel aus haben wir noch einmal einen wunderbaren Blick auf die Gesamtanlage der Alhambra, bevor wir zum Camper zurückkehren. Pünktlich – bevor jede überzogene Park-Minute mit 1,90€ abgerechnet wird, fahren wir weiter.

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