Von Lefkada in den „Daumen“ des Peloponnes

24. November

Die Internetverbindung hat mich eine Weile im Stich gelassen, so dass dieser Beitrag mit Verspätung kommt. Dafür wird er entsprechend länger….

Bei einer Fahrradtour lernen wir heute den Nordwesten der Insel Lefkada kennen – und staunen, welch hohe und entsprechend steile Berge sich auf so kleinem Raum befinden können. Gut, dass wir voll aufgeladene Akkus für die Räder haben!

Zunächst geht es an der Westküste entlang über Agios Nikitas, einen hübschen kleinen Ort mit einer Bucht mit türkisblauem Wasser.

Von hier aus nehmen wir die lange Steigung und danach die Abfahrt nach Lefkada Stadt. Die Autofahrer/innen fahren mit viel Abstand an uns vorbei, Überlebensangst braucht man hier nicht zu haben.

Die vor der Stadt liegende Lagune haben wir auf der Hinfahrt schon im Regen gesehen. Jetzt glänzt sie in der Sonne – das Lagunenwasser helltürkis, das Meer dahinter dunkelblau.

Lefkada, Lagune

Komoot lotst uns durch die Kleingartenkolonien bis zum Fahrstreifen der Lagune, der sich im rechten Winkel über fast 10 Kilometer erstreckt. Im Feuchtgebiet sehen wir Flamingos und viele Reiher.

Auf der Festungsmauer vor der Stadt picknicken wir im Sonnenschein bei sommerlichen Temperaturen.

Über die schmale Landzunge, die die Hauptverbindung zum Festland bildet, geht es zurück auf die Insel und weiter durch Lefkada Stadt und ins Inselinnere nach Apolpaina. Ab hier kämpfen wir uns bergauf, von Meereshöhe über schmale, aber nahezu immer asphaltierte Straßen und Wege mal steil, mal sehr steil bis auf knapp 700m. Je höher wir kommen, desto kälter wird es. Eine Jacke nach der anderen wird übergezogen, denn zur Höhe kommt noch ein unangenehm kalter Wind. Die Ausblicke sind allerdings wieder einmal atemberaubend, und wir werden wieder einmal darin bestätigt, dass Bergtouren die schönsten Touren sind – anstrengend, aber immer wird man belohnt mit unvergesslichen Ausblicken.

Nachdem wir diesen fast schon treppenartigen Aufgang überwunden haben, entscheiden wir uns, die Tour doch besser über den serpentinenartigen, etwas weiteren Weg fortzusetzen.

Nach zwölf Kilometern können wir wieder bergab fahren, nun heißt es: Bremsen schonen, immer wieder anhalten und abkühlen lassen. Für uns gibt´s den ersten Ouzo zum Aufwärmen, als wir wieder am Strand angekommen sind – Bekannte, die wir schon in Girokastra getroffen haben, sind ebenfalls an diesem Spot eingetroffen, und leisten uns Gesellschaft, bis die Sonne untergeht.

Der nächste Tag wird windig und grau, wir müssen zudem Wasser tanken und einkaufen. So fahren wir über die Berge nach Vasiliki, hier gibt es einen größeren Supermarkt und eine Tankstelle. Was sind das für Preise in Griechenland!? Wir zahlen für die Lebensmittel deutlich mehr als in Deutschland, gar nicht zu reden von den himmlischen albanischen Preisen! Allerdings haben wir hier Glück: Es gibt passende Gaspatronen für unseren provisorischen Gaskocher. Und Wasser gibt es glücklicherweise umsonst aus dem Wasserhahn vor dem Supermarkt.

Blick auf Vasiliki

Nachmittags fahren wir noch einmal an die Westküste mit ihren schönen Stränden, jetzt in den südlichen Teil, zum Katsiki Strand. Die Großparkplätze für den Sommer sind abgesperrt, die Restauration ist geschlossen, aber direkt an der Küstenlinie sind einige Stellplätze, und wir stehen mit drei anderen Campern oberhlb der Bucht.

Ein kleiner Spaziergang am Kiesstrand – der leider sehr begrenzt ist -, ein weiterer kurzer Gang oberhalb der Bucht und schließlich eine Einladung bei unseren liebenswerten luxembourgischen Nachbarn runden den Tag ab.

In der Nacht kommt ein solcher Sturm auf, dass wir – wie unsere Nachbarn auch – gegen drei Uhr das Auto umsetzen müssen, um nicht ständig durchgeschüttelt zu werden und fürchten zu müssen, über die Klippen geweht zu werden. Danach gibt es noch ein paar Stunden Schlaf.

Am 27. November verlassen wir die Bucht von Katsiki, um zunächst den Leuchtturm im Süden der Insel zu besuchen und dann an die Ostküste Lefkadas weiterzureisen, in der Hoffnung, dass wir vor dem angekündigten Regen noch eine Wanderung machen können.

Leider wird aus der Wanderung nichts, denn schon bei der Parkplatzsuche in Nidri beginnt es zu regnen. Schade – gerne wären wir noch zu den Wasserfällen hochgelaufen und hätten eine Fahrradrunde um die Bucht vor Nidri gedreht, denn die sieht attraktiv und einladend aus. So bleiben wir in Biene und beschließen angesichts der trüben Wetteraussichten am nächsten Tag in den Süden weiterzureisen. Auf Lefkada soll es in den nächsten Tagen nass, kalt und windig bleiben.

Am 28. November erreichen wir nach der mehrstündigen Fahrt an Griechenlands Küste entlang unser Winterreise- Ziel, den Peloponnes. Über die Antirrio- Brücke geht es an die Nordküste. Diese interessante Brücke ist als Schrägseilbrücke 2004 fertiggestellt worden und soll erdbebensicher sein. Die Stahlkabel sollen bei einem Erdbeben reißen und der Brücke dann freie Schwingungen ermöglichen.

Die Überfahrt ist mit gut 20€ nicht gerade billig, und auch die Maut auf der Autobahn bis Korinth ist mit noch einmal 30€ nicht preiswert. Der Lohn der Fahrt: Wir werden von einem kleinen Stückchen blauem Himmel empfangen. Auf dem Stellplatz Camperstop Ancient Korinth finden wir ein Zuhause für drei Nächte.

29. November

Über das antike Korinth – die Ausgrabungsstätte mit dem Apollon- Tempel ist auch durch den Zaum hinweg gut sichtbar – wandere ich hinauf zur weithin sichtbaren, wuchtigen Festungsanlage Akrokorinth auf dem abgeflachten Berggipfel oberhalb des Ortes. Es ist windig und bewölkt, aber trocken. Je höher ich steige, desto besser erkenne ich die riesigen Ausmaße der Anlage.

Viele verschiedene Eroberer und Herrscher haben hier ihre Spuren hinterlassen, der Besitz der Burg war von jeher wichtig. Die heute noch sichtbaren Mauern stammen aus dem 4. Jahrhundert vor Chr. Ich betrete die Burg durch das erste Tor von der Westseite her und laufe bis zum 3. Mauerring mit einer mächtigen Toranlage.

Die Streifzüge durch die Burganlage mit ihren gut drei Kilometern Umfassungsmauern, mit Kapelle, Moschee, Überresten von Zisternen und Tempelanlagen, bis hinauf auf den Bergfried nehmen gut zwei Stunden in Anspruch. Die Ausblicke über den Golf von Korinth, den Isthmos und das Festland offenbaren die Ausmaße der Anlage und ihre eindrucksvolle Lage.

Der Rückweg über einen steilen Lehmpfad ist etwas beschwerlich, aber als ich wieder unten bin, leuchtet der Apollontempel im Sonnenschein, und die Bucht erstrahlt im Blau des Meeres.

30. November

Am nächsten Tag zeigt sich, dass man sich in dieser Gegend nicht auf die Wettervorhersage – es ist Sonne mit Wolken vorausgesagt – verlassen kann. Wir radeln vormittags ins nahe gelegene Korinth, um den Kanal, der den Peloponnes vom Festland trennt, anzusehen und auf dem Rückweg einige Besorgungen zu machen. Nach wenigen Hundert Metern finden wir eine Wäscherei, die unsere Wäsche bis zum Abend sauber, trocken und gebügelt haben wird. Schon auf dem weiteren Weg verstärkt sich der Wind, Böen treiben auf dem gut geführten Radweg am Hafen das Meereswasser hinüber bis zu uns, Wolken verdunkeln die Sonne, und es wird kalt, schließlich beginnt es zu regnen.

Umkehren wollen wir nicht, kürzen aber den Besuch auf die Kanalbesichtigung ab. Von der Stadt Korinth sehen wir nicht viel, nur dies: Das Radfahren ist auch in der Stadt ein Vergnügen. Autofahrer/innen nehmen Rücksicht auf uns, halten Abstand, warten und lassen uns passieren.

Auf der Westseite queren wir den Kanal von Korinth über eine Brücke, auf der Nordseite radeln wir am Kanal entlang nach Osten, um dann wieder über eine Brücke zu fahren und auf der Südseite zurück zu radeln. Ab und zu schleichen wir uns durch die Absperrungen bis an den Rand des Kanals mit seinen fast senkrechten Wänden. Der bis zu 80m tiefe Graben, der in die Felsen gehauen wurde, verkürzt den Seeweg von Schiffen um bis zu 325 Kilometer. Er wurde bereits vor etwa 140 Jahren gebaut, ist gut sechs Kilometer lang und verbindet den Golf von Korinth mit dem Saronischen Golf. Heute hat der Kanal nur noch geringe Bedeutung: Die meisten Handelsschiffe sind zu groß.

Einige kurios wirkende Bunker stehen – oder thronen – am Rand des Kanals. Sie wurden im 2. Weltkrieg zur Verteidigung des Kanals errichtet und sollen wohl daran erinnern.

Auf dem Rückweg nimmt der Wind noch zu, es regnet mal mehr, mal weniger stark, und frierend erreichen wir Biene. Etwa zwanzig bellende und teils aggressive Hunde müssen mit Spray verscheucht werden, damit sie nicht die eine oder andere Wade erwischen, dann sind wir wieder am Campingplatz. Schnell die Heizung an, Ouzo getrunken und etwas Wärmendes kochen.

Am nächsten Tag sieht die Welt wieder freundlich aus, der Ausblick auf die höchsten Berge des Peloponnes zeigt uns, dass die Temperaturen gestern einen Tiefpunkt erreicht haben und es in der letzten Nacht dort oben geschneit hat. Nur im Osten soll es in den nächsten Tagen nicht viel Niederschlag geben. Damit hat sich die Planung erübrigt, zunächst noch einmal zurück nach Diakofto zu reisen und die Zahnradbahn in die Berge nach Kalávryta zu nehmen.

Wir verlassen den Stellplatz in der Nähe des alten Korinth. Die Strecke an der Küste des „Daumens“ entlang führt hinaus aus der stark besiedelten Ebene bei Korinth hinauf und hinunter durch das Bergland der Argolis und bietet wunderschöne Ausblicke auf die Buchten und Dörfer in Meersnähe. Hier ist die Gegend nur dünn besiedelt, und obwohl wir auf einer Hauptverkehrsverbindung fahren, begegnen uns kaum Autos.

Heute besuchen wir das antike Epidauros, eine mondäne Kultur- und Heilstätte der alten Griechen. Hier wurde Asklepios, der Gott der Heilkunde, verehrt, und man kann heute noch die Überreste der Tempel und Kulturanlagen bestaunen.

Am besten erhalten ist das Theater, das über 2300 Jahre alt ist und 14.000 Besucher fassen konnte.

Auf den obersten Rängen hat man einen einzigartigen Blick über die Berglandschaft und kann zudem noch gut hören, was unten auf der Bühne gesprochen wird.

Die Heilung der Kranken erfolgte vermutlich nicht nur durch medizinische Behandlung, sondern auch durch Entspannung und Stressabbau – offenbar gab es den auch schon vor über 2000 Jahren. Theatervorführungen, Thermalbäder, geistige Anregungen und Hypnose sollten zu besserer Gesundheit verhelfen. Nach einem Opfer für Apollon im Tempel schlief der Kranke zunächst im Abaton, von dem noch Säulenreste vorhanden sind. Hier sollte ihm im Traum der Weg der Heilung aufgezeigt werden. Zudem wurden die Kurgäste im Katagogion untergebracht, einem Gebäude mit enormen Ausmaßen, 160 Zimmern in zwei Stockwerken und mit vier Innenhöfen.

Der Tolos war ein reich verzierter und architektonisch kunstvoll ausgestalteter Rundbau, der gerade wieder (neu) aufgebaut wird. Das Stadion diente wie das Theater den Vergnügungen der Gäste.

Insgesamt hat mir Epidauros besser als das antike Butrint gefallen, denn schließlich kann man sich hier noch eher vorstellen, wie die alten Griechen (und danach Römer) gelebt haben. Doch nach drei Stunden reicht es, und wir fahren weiter, wieder nach Osten in Richtung Küste. Vor der Landenge, die auf die Halbinsel Methanon führt, finden wir am kilometerlangen, verlassenen Strand Metamorfosi einen Stellplatz für zwei ruhige Nächte, mit Wellengeplätscher und ohne Wind.

2. Dezember

Von hier aus machen wir eine Radtour über die schmale Verbindungsstraße an der Ostküste Methanas entlang.

Blick auf Methana

Wenn man nach Methana, der Hauptstadt der Insel, hineinfährt, wird man fast erdrückt vom starken Geruch nach faulen Eiern, der aus den milchig blauen Schwefelquellen am Ortseingang steigt. Schnell vorbeifahren!

Wir radeln weiter an der Küstenstraße entlang und erfreuen uns an den Ausblicken auf Buchten und Meer und die Berge in der Ferne, am blau- türkisen Wasser, den kleinen Siedlungen, den gut asphaltierten Straßen, dem kaum vorhandenen Autoverkehr. Fremdenverkehr und Tourismus gibt es hier praktisch nicht, angeblich sollen lediglich einige Griechen im Sommer auf der Halbinsel in den wenigen einfachen Hotels in Methana oder Vathi ihren Urlaub verbringen. Wir sehen nur ein paar Einheimische, die uns freundlich zuwinken, die wenigen Autofahrer lassen uns viel Platz und überholen nur an übersichtlichen Stellen oder wenn man sie vorüberwinkt.

3. Dezember

Am Morgen verspricht der Himmel wieder Sonnenschein, wir ziehen um auf einen Platz auf der Halbinsel und erkunden heute von hier aus mit den Fahrrädern die Westseite und eine Gebirgsstraße sowie einen der zahlreich vorhandenen Vulkane, die Methana ihr Gesicht gegeben haben. Methana besteht aus über 25 Vulkanen, der letzte war vor 2000 Jahren aktiv.

Im Ort blüht es wie anderswo nur im Sommer: Bougainvilleen in allen Farben, Christrosen und viele andere Sträucher grüßen uns mit ihrer Farbpracht, selbst der Oleander blüht hier noch.

Von Methana Stadt geht es mal wieder bergauf in Richtung der Inselmitte, dann über die Berge wieder hinab auf die westliche Seite, um erneut einen Anstieg – diesmal einen noch steileren – auf den Vulkanberg Kameno Vouno zu meistern.

Direkt unterhalb des Vulkans liegt die kleine Siedlung Kaiméni Chóra, die aussieht, als ob sie vom letzten Ausbruch zum Teil verschüttet worden sei. Etwas weiter oberhalb lassen wir die Fahrräder stehen und gehen zu Fuß weiter über den Trampelpfad aus kleineren und größeren Lavagesteinsbrocken und Felsen. Kurz vor dem Gipfel wird der Pfad zum Klettersteig.

Ich klettere bis ganz hinauf, denn dort befindet sich eine Höhle. Allerdings bedarf es einer Kletterausrüstung, um hier hineinzuklettern, und ich kehre schließlich wieder um.

Rückweg über den Trampelpfad

Nach dem Abstieg sausen wir mit den Fahrrädern die fünf Kilometer bis zur Westküste hinab. Dort hat der Wind wieder zugenommen, und inzwischen wissen wir: Dann wird auch Regen kommen. Also geht es schnell zurück, vorbei an der kleinen Siedlung Vathi und den wenigen einsam gelegenen Häusern.

Am Abend kommt dann, wie vermutet, zu Wind und Wellen auch der Regen. Das wird mal wieder eine stürmische Nacht!

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