Von Methana an der Küste entlang

Wir können uns von dieser wunderschönen, ursprünglichen und einsamen Insel noch nicht losreißen. Am Abend eines Regen- und Sturmtages suchen wir uns einen Nachtplatz in den Bergen im nördlichen Methana. Wieder geht es in vielen Windungen bergauf, an dem Platz kurz vor einer kleinen Siedlung werden wir mit einem großartigen Ausblick belohnt.

In der Abenddämmerung bekommen wir Besuch von zwei älteren Frauen, die uns in recht gutem Englisch Oregano für den Tee und ihre Version der Bibel nahebringen wollen. Später, schon im Dunkeln, schleicht ein älterer Mann um Biene herum und brabbelt Unverständliches – betrunken oder der „Dorfdepp“? Nach einer Weile geht er wieder in Richtung Dorf, und wir schlafen beruhigt ein.

5. Dezember

Am Morgen weckt uns ein hübscher brauner Esel vor dem Fenster. Früh ist es noch, sonnig und klar. Da es noch kühl ist, beschließen wir, die Abschiedsradtour unten am Meer zu beginnen. Der ideale Tag dafür – so klar und blau war es schon lange nicht mehr!

Von Agios Georgios fahren wir zunächst die Küstenstraße entlang nach Osten, dann biegen wir ab ins Landesinnere, um danach wieder auf der Westseite der Insel auf die Küstenstraße entlang zu fahren. Wenige kleine Siedlungen liegen an den Hängen oder auf Bergspitzen und winken uns zu.

Vielfach halten wir inne, um der Stille zu lauschen – und hören absolut nichts. Dann summt eine Biene vorbei, eine Ziege in der Ferne läuft, ihr Glöckchen bimmelt – und wieder nichts. Eine magische Stille, in dieser aufgeregten, coronagetriebenen und adventsgeschäftigen Welt. Ein Tag, an dem ich dem Himmel ganz nah bin.

Wir picknicken an einer kleinen Kirche in den Bergen. Hier treffen wir auf einen älteren Mann, der uns erzählt, 77 sei er jetzt, als Schiffsingenieur sei er lange Jahre in der ganzen Welt umhergereist, von Brasilien nach Hamburg, von Japan nach Amerika. Er erzählt viel, ich verstehe nur die Hälfte, er ist freundlich und lacht. Dann ruft er Esel und Ziegen beisammen und zieht weiter.

Wir radeln auch weiter, heute bedächtig und langsam. An den Hängen stehen die Olivenbäume, gerade abgeerntet, über den aus Lavagestein mühsam geschichteten Mauern. Neben der Straße blühen noch einzelne Heckenrosen, die letzten. Wilden Oregano gibt es hier, und ganz viel Salbei an den Straßenrändern. Die Vulkansteine an den Bergen wirken wie in einem Spiel von Riesen durcheinandergewürfelt und liegen geblieben. An der Küste liegen die rundgeschliffenen kleinen Steine , werden bei Sturm hochgetrieben und bleiben auf der Straße liegen.

Wovon die Menschen hier wohl leben? Von Olivenbäumen und Ziegen und Schafen? Anbauflächen gibt es nicht (mehr), Industrie auch nicht. Der Tourismus hat die Insel glücklicherweise auch verschont bisher. Vielleicht von Luft und Liebe?

Zwei Jäger begegnen uns, die offensichtlich Jagd mit Schrotflinten auf Singvögel machen. Die Jagd ist an den Wochenenden eine beliebte Beschäftigung unter Männern in Südeuropa, auch in Portugal haben wir das kennen gelernt. Dieser Mann hat offenbar Singvögel geschossen und zeigt sie ein wenig verlegen, aber auch stolz – eine illegale Freizeitbeschäftigung.

An der Küste führt der Weg zurück bis nach Agios Georgios.

Nachmittags verabschieden wir uns von Methana mit seiner eindrucksvollen Vulkanlandschaft, der Ruhe und kontemplativen Abgeschiedenheit, und fahren zurück aufs Festland.

6. Dezember
Während es in Deutschland nikolaust, stehen wir nahe dem Hafen in Galata und merken vom Weihnachts- und Adventstrubel gar nichts. In den Straßen gibt es ab und zu eine Lichtergirlande um eine Straßenlaterne, in dem ein oder anderen Schaufenster steht eine elektische Kerze.
Heute morgen ziehen ein paar Wolken vor der Sonne her, und es ist windig. Wir nehmen mit einiger Skepsis die Autofähre für die Fahrt mit den Fahrrädern hinüber nach Poros.

Die Laderampe wird schon 20m vor der Anlegestelle herausgeklappt, und kaum sind wir nach 10 Minuten auf dem Eiland, fahren die nächsten Fahrzeuge auf. Im Sonnenschein bummeln wir zunächst über die Hafenmeile in Poros- Stadt, wo es viel zu sehen gibt. Schöne alte Hotels, Gaststätten und geöffnete Restaurants, viele schicke Yachten und eine Ausstellung all dessen, was irgendjemand in den letzten Tagen oder Wochen aus dem Hafenbecken hinaufgeholt hat.

Da Poros- Stadt auf einer kleinen Halbinsel vor Poros liegt, umrunden wir zuerst diese, dann geht es über die schmale Verbindung nach Poros- Insel. An der Südküste gibt es etliche Hotels und Gästehäuser, meist nicht ganz neuen Datums, dann radeln wir den Berg hinauf und es wird sehr ruhig. Die Route ist von Pinien gesäumt, und bis zur Mitte der
Insel – über die einzige geteerte Straße – geht es beständig bergauf.

Überall auf den kargen Stein- und Erdflächen wachsen Anemonen. An einem Poseidon- Heiligtum halten wir nur kurz und schauen uns die Grundmauern der ehemaligen Tempel an.

Hinunter geht es wieder bis zur Küste mit beeindruckenden Ausblicken.

Unten bläst der Wind ordentlich, wir finden ein windgeschütztes Plätzchen, um in Poros- Stadt noch einen Kaffee zu trinken, bevor es mit der Fähre wieder zurück nach Galatas geht.

7.-9. Dezember

Nach einer sehr stürmischen Nacht mit Gewittern, Sturzfluten von Regen und so kräftigen Böen, dass Biene stark durchgeschüttelt wurde, wirkt die Welt morgens wieder freundlich. Wir machen einen Großeinkauf, tanken Wasser und Diesel und fahren anschließend weiter an die Südostküste der Argolis, des „Daumens“ des Peloponnes.

Nach einer Fahrt über eine schmale Offroadpiste finden wir eine schöne, recht einsam gelegene Bucht und verbringen hier die nächsten Tage mal so richtig „urlaubsmäßig“, nur das Baden im Meer fällt aus.

Platz für ein paar Tage

Spaziergänge führen mich an der Küste entlang auf einen Hügel mit einem verlassenen Kloster und – mal wieder – traumhaften Ausblicken und hübschen Wildblumenteppichen,

auf eine felsige Landzunge, die weit ins Meer hineinragt, mit seltsam gewachsenen Steinformationen, die von Nahem wie Blätterteig oder wie morsches Holz wirken,

und in der Umgebung entdecken und durchstöbern wir einige schon lange verlassene Häuser.

Abends können wir sogar ein Lagerfeuer machen.

Schließlich habe ich auch die Muße, die Drohne steigen zu lassen, um unser Plätzchen und die Umgebung von oben betrachten zu können.

Das Badezimmer wird großgereinigt, der Turbovent repariert, Hausputz gemacht, die Solarplatten abgewischt.

Die Ruhe ist erst einmal vorbei, als der Warmwasserboiler der Heizung einen Fehler meldet und damit die komplette Wasserversorgung zusammenbricht. Tom räumt den Keller zum wiederholten Mal aus, um dem Fehler auf den Grund zu gehen, und telefoniert mit Firma Burow. Glücklicherweise bekommt er einen Tipp, wie er den Fehler beheben oder zumindest so eindämmen kann, dass wir nach drei Stunden wieder mit Wasser versorgt werden.

Die folgende Nacht wird wieder eine Sturmnacht, der Morgen grau und trist, so dass wir weiterziehen, an der Südküste der Argolis entlang nach Westen. In Porto Hydra schauen wir uns eine (Ferien)- Siedlung an, die in eine Lagune gebaut ist und von Kanälen durchzogen wird. Winterverlassen ist es, ruhig und ansprechend, sauber und gepflegt. Nur die Katzen schreien hungrig.

Wir setzen die Fahrt fort bis Ermioni, einem hübschen, lebhaften Ort, dessen weiße Häuser den Hügel hinaufklettern. Fischerboote liegen im kleinen Hafen. Am Ende der Ortschaft liegt eine pinienbestandene, autofreie Landzunge, die ich auf einem Spaziergang umrunde. In der Mitte, etwas erhöht, finden sich wieder einmal Reste eines Tempels.

Ermioni

Am Nachmittag wollen wir noch in die Apotheke, müssen aber feststellen, dass man nicht nur Einkäufe, sondern auch alle anderen Erledigungen besser vormittags erledigt: Nachmittags ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Stattdessen finde ich – zum ersten Mal in „größerem“ Ausmaß – Adventsschmuck in den Straßen.

Wir suchen also einen Nachtplatz und werden etwas weiter südlich an der Küste bei Kouverta in einer Bucht fündig. Doch auch in dieser Nacht holt der Sturm uns ein und braust mit stärkerer Kraft als in den Nächten zuvor. Morgens rollen die Wellen hoch und grau auf uns zu, Gischt spritzt, Biene und die Fahrräder werden langsam in Salz konserviert.

11. Dezember

Der Entschluss, ins Landesinnere zu fahren, um dem Wind zu entkommen, steht fest. Es geht nach Didyma, wo zwei große Dolinen liegen. Das sind nahezu kreisrunde, etwa 80m tiefe Löcher, die durch den Einsturz von Höhlen im darunter liegenden Karstgestein vor vielen tausend Jahren entstanden sind. Diese hier haben einen Durchmesser von immerhin etwa 150m.

Die erste Doline ist schon von Weitem sichtbar, die zweite liegt etwas versteckter zwischen den Pinien. In beide kann man hineinwandern – und das machen wir natürlich auch!

In die versteckte Doline geht es über eine in den Fels gehauene Treppe abwärts. Auf etwa halber Höhe führt ein Weg in diesem Krater ringsum, ganz hinunter kommt man nicht. Zwei kleine Kapellen sind am Rand in das Gestein gebaut. Ruhig ist es hier, ein wenig unheimlich ragt der Felsüberhang über den Köpfen hervor.

Panoramablick über die Doline hinweg auf halber Höhe

Nach dem Besuch dieser „Naturlöcher“ laufe ich noch ein wenig über die Feldwege, bis es wieder zu regnen beginnt. Oliven, so weit das Auge reicht … und unzählige Steine dazwischen, die offenbar die Bäume nicht stören. Eine Olivenlandschaft in grün-grau.

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