Von Monemvasia in die südliche Mani

Nach dem Besuch Monemvasias kehren wir der Ostseite des südöstlichen Fingers den Rücken und überqueren die Berge Richtung Westen, über Lira nach Neapoli. Mal sehen wir rechts den Lakonischen Golf, mal links die Bucht von Epidauros Limeras. Die Straße ist, obwohl in der Ordnung einer Landesstraße gleichgestellt, in den Ortsdurchfahrten so schmal, dass wir froh sind, dass Biene kein LKW ist. Vor den kleinen Supermärkten im Dorf parken die griechischen Bewohner, kaufen ein und halten ein Schwätzchen auf der Straße. Wir warten wie alle hier, bis jemand wegfährt, um dann unseren Weg fortzusetzen.

So landen wir schließlich südlich von Neapoli in Nähe des Fährhafens Paleokastro. Hier verbringen wir eine Nacht am Meer, in der zweiten Nacht stehen wir im Fährhafen, wo die Wellen nicht ganz so laut rauschen.

Der nächste Tag verspricht sonnig und klar zu werden; wir wollen mit den Fahrrädern bis zum Ende des Weges fahren, der zur Südspitze des Zeigefingers führt. Natürlich geht es zunächst wieder bergauf – ich glaube, der Peloponnes ist die gebirgigste Gegend, die ich kenne, kaum eine Radtour hat weniger als 900 Höhenmeter! Über das am Hang gelegene Lakio radeln wir nach Agios Nikolaos durch eine Gegend, in der es grün- gelbe Wiesen gibt und Olivenhaine.

Erstmals sehe ich etwas weiter südlich Aloe- Vera- Anbau, auf Feldern in Reih und Glied wachsen die Pflanzen hier, wo fast nichts anderes gedeiht. Durch Steinwüsten und winzige Siedlungen radeln wir auf asphaltierten Wegen bis zum Geopark Agio Nikolaos mit seinen eindrucksvollen Steingebilden und dem „Versteinerten Wald“, für den man allerdings viel Vorstellungskraft braucht. Zum Kap Maleas kommen wir leider nicht ganz, da der Weg unbefestigt wird und damit immer schwieriger zu befahren.

In den wie geschichtet wirkenden Felswänden gibt es etliche natürliche Höhlen und Grotten, die sich Anwohner zu Nutze gemacht haben. Einige sind mit einer Vorderwand ausgestattet und zu Ziegenställen ausgebaut worden, andere zu Werkstätten für Boote.

fast am Kap Maleas…

Auf dem Rückweg radeln wir über abenteuerliche, unbefestigte Wege in der Nähe der Küste entlang. Eine schöne Tour!

Abend kommt Wind auf und es beginnt zu regnen.

28./ 29. Dezember

Nachdem wir in Neapoli eingekauft haben, fahren wir im Regen an der Westküste des Zeigefingers bis in Höhe von Marathias, wo wir einen schönen Nachtplatz auf einem Berg direkt neben einem alten Steinturm finden. Der Regen wird immer stärker, so dass wir den Nachmittag im Auto verbringen, bis es an der Tür klopft. Ein freundlicher Polizist gibt uns zu verstehen, dass wir hier die Nacht nicht verbringen dürfen. Bei einem Wetter, wo man keinen Hund vor die Tür jagt, muss der Mann etliche Kilometer von der Küste hier hochgefahren sein! Wir verlassen also etwas später den Platz und richten uns 800m weiter auf einer nicht gut einsehbaren Ebene ein.

Wäre nett gewesen!

Am darauffolgenden Tag klart das Wetter ein wenig auf, so dass wir die Fahrt am Lakonischen Golf entlang und durch die weite Ebene um Skala genießen können. Offenbar hat es in der letzten Nacht so stark geregnet, dass die Straße an manchen Stellen von kleinen Flüssen überspült wird, die viel Geröll mit sich führen. Kleinere und größere Gesteinsbrocken sind an mancher Felswand abgebrochen und auf die Straße gerollt.

Bei Trinisa kommen wir auf die Mani, den mittleren Finger des Peloponnes, und finden in der Nähe von Gythio einen geöffneten Campingplatz, Camping Mani in Mavrovouni. Als Erstes genießen wir die heiße und kräftig strahlende Dusche – endlich mal wieder! Seit der Warmwasserboiler der Heizung in Biene nicht mehr richtig funktioniert, fließt das Wasser nur spärlich – ein gutes Wasser- Sparprogramm, zum Duschen allerdings nicht geeignet.

Am 30. Dezember gibt der Wetterbericht Grund zur Hoffnung, dass wir nicht allzu nass werden, wenn wir eine Radtour wagen. Bei grauem Himmel, mit Regensachen im Gepäck, radeln wir über Gythio zum Schiffswrack der „Dimitrios“. In Gythio, einem hübschen Hafenstädtchen, drehen wir eine Runde im Hafen, schauen die Fischerboote und die wenigen Segelyachten an und fahren dann in Richtung eines auffällig großen „lost Place“, einem nie fertig gestellten Hotel, dessen Eingangsbereich schon in großen Lettern beschriftet ist.

Am Schiffswrack der „Dimitrios“, einige Kilometer weiter, laufen wir die letzten 200 Meter durch den hellen, feinen Sand am Strand. Das Schiff war ein 66 Meter langes Küstenmotorschiff und seit 1950 im Dienst, 1981 hat es sich in einem Sturm von den Ankerketten losgerissen und ist am Strand Valtaki gestrandet. Seitdem ist es Anziehungspunkt für viele Ausflügler.

Nach dem Ausflug zu dem alten Schiff beginnt es doch zu nieseln, aber glücklicherweise nur kurz, so dass wir noch eine Runde über einen Bioolivenhof drehen, der allerdings erst im Mai wieder öffnet. Gegen Abend klart der Himmel auf, die Sonne kommt hervor. Für morgen besteht Hoffnung!

An Silvester und am Neujahrstag 2022 strahlt die Sonne vom blauen Himmel, so dass wir mit dem Fahrrad einige Kilometer fahren können.

Sonnenaufgang

Zuvor finde ich glücklicherweise noch einen Fahrrad- Bastler in Gythio, der die völlig abgefahrenen Bremsbeläge an meinem Hinterrad erneuert. Er arbeitet eine halbe Stunde und putzt danach noch mein Fahrrad – und möchte dafür lediglich drei Euro haben! Das akzeptiere ich allerdings nicht!

Schließlich können wir losfahren, hinauf in die Berge, natürlich!

Durch Olivenhaine schrauben wir uns von Gythio aus höher und höher, den weißen Berg des Taygetos- Gebirges immer neben oder vor uns als imposanten Begleiter. Erstmals begegnen wir der Brandkatastrophe des Sommers 2021 hautnah: Olivenfelder von unschätzbarem Wert liegen verbrannt und dürr vor uns. Und dennoch: Gerade hier sprießen das Gras und die gelben Blumen besonders farbenfroh, und einige Bäume beginnen wieder auszuschlagen.

Erstmals sehen wir eine völlig zerstörte Asphaltstraße – sonst sind die Straßen fast immer in gutem Zustand. Dier Vermutung liegt nahe, dass auch hier die Brände ihr Zerstörungswerk getan haben. An einigen Stellen hört der braun und schwarz verbrannte Wald schlagartig auf und geht in Grün über.

Mit dieser Tour endet das spannende und ereignisreiche, dramatische und anstrengende Jahr 2021 – wir wünschen euch für das kommende Jahr alles Gute!

Die Neujahrstour wird etwas kürzer als geplant, da wir unterwegs Bekannte treffen, die ihr trautes Heim gegen ihren Wohn- LKW eingetauscht haben. Nach Süden geht es von Gythio aus über Kalivia in die kleine Halbinsel hinein, auf der wir einen unserer ersten Wohntürme der Mani sehen – viele werden noch folgen!

Am nächsten Morgen packen wir die Fahrräder wieder aufs Auto, tanken Wasser und verabschieden uns von den wenigen Nachbarn, die wir auf dem Campingplatz Mani hatten.

Camping Mani

Es geht nun die Ostküste der Mani entlang – die wohl schönste Autostrecke, die ich jemals gefahren bin. Wir einigen uns darauf, nicht immer „Guck mal, da, die Aussicht“ oder ähnliches zu rufen, sondern uns auf „Oh!“ zu beschränken.

Die Straße führt ab Skoutari immer an der Küste entlang – allerdings ist sie auf einer Höhe in den Fels gefräst, die immer gute Sicht auf die Küste und die kleinen Orte ermöglicht. Kotronas liegt in einer weiten Bucht, die wir langsam umfahren und höher hinauf gelangen.

Wir entdecken ein kleines Dorf, das aussieht wie ein Museum, Flomohori. Auf dem Dorfplatz halten wir an und erkunden die Gassen und Wohntürme. Hier scheinen nicht mehr viele Menschen zu wohnen, weder Menschen und noch nicht einmal Tiere sind auf den Straßen und Gassen zu sehen, es ist vollkommen ruhig. Dennoch scheint alles gut gepflegt und erhalten zu sein.

Flomohori

Ich verlaufe mich im Labyrinth der Steinmauern hinter den Wohnbauten, es dauert eine Weile, bis ich – irgendwann komme ich mir vor wie eine Ziege – wieder herausgeklettert bin, und wir setzen den Weg nach Süden fort, vorbei an kleinen Dörfern in den Bergen und an Buchten, die die Blicke immer wieder anziehen.

In Lagia, schon weit im Süden der Mani, stoppen wir noch einmal für einen längeren Rundgang. Auch hier gibt es wieder zahlreiche steinerne Wohntürme zu bestaunen. Diese Wohntürme erinnern an Burganlagen, und reiche und mächtige Familien haben sie ab dem 17. Jahrhundert gebaut, um sich zu schützen und zurückziehen zu können, aber auch, um ihre soziale und gesellschaftliche Stellung zu demonstrieren. Sie haben nur wenige kleine Fensteröffnungen, mehrere Stockwerke und Zinnen. Es gab seinerzeit eine strenge Tradition und Kultur, in der der Familienzusammenhalt eine große Rolle spielte. Gekämpft wurde viel, entweder gegen Fremde, die das Land erobern wollten, oder die Manioten bekämpften sich gegenseitig. Die Manioten waren für ihre blutigen Fehden weithin bekannt. Heute sind die meisten der Türme nicht mehr bewohnt, einige allerdings sind restauriert und dienen zum Teil als Sommerresidenz einzelner reicher Griechen.

Nach all diesen Eindrücken finden wir einen Nachtplatz mit einem einzigartigen Blick auf den südlichsten Zipfel der inneren Mani, wo wir den Tag mit einem Sundowner beschließen.

Am Morgen des 3. Januar stürmt es wieder einmal, sodass wir den Platz am Berg verlassen und entgegen unserer Planung nicht mit den Rädern, sondern mit Biene zum Parkplatz am Kap Tenaro (oder auch Kap Matapan) fahren, um dort eine kurze, aber knackige Wanderung bis zum Leuchtturm zu machen. Am Parkplatz führt ein Weg ab zum Totenorakel des Poseidon, auch soll sich hier der Sage nach einer der Eingänge des Hades befinden. Den suchen wir lieber nicht, lassen die Bucht links liegen und gehen den Pfad Richtung Kap, der mit vielen spitzen Steinen und dornigem Macchia- Gestrüpp eher ein Klettersteig für Ziegenfüßige ist.

Die Gegend ist unwirtlich und karg, außer niedrigem stachligem Gestrüpp und einigen lila Iris wächst hier nur wenig zwischen dem grau-roten Gestein. Für die zwei Kilometer Fußweg bis zur südlichsten Spitze Osteuropas brauchen wir fast eine ganze Stunde.

Leuchtturm am Kap Tenaro

Am Leuchtturm weht ein kräftiger Wind, wir setzen uns auf die Mauer in den Windschatten und schauen den vorüber ziehenden Schiffen zu, bis es zu kühl wird und wir den Rückweg antreten.

In dieser ungemütlich-windigen Umgebung möchten wir nicht übernachten und ziehen am Nachmittag weiter, nun in Richtung der Westküste der südlichen Mani.

Küstenstraße

Nach einigen Kilometern taucht Vathia vor uns auf, eines der schönsten und eindrucksvollsten Dörfer der Mani. Es liegt auf einem Hügel inmitten der kargen Landschaft, mit Blick aufs Meer.

Blick auf Vathia

Die Wohntürme stehen dicht an dicht, viele verfallen langsam, einige wenige sind restauriert. Trutzig und wehrhaft stehen sie da, mit kleinen Fensteröffnungen und dicken Mauern. Es sind die Holzbalken, die als erstes verfaulen und die schweren Steinplatten der einzelnen Stockwerke nicht mehr tragen können. Bewohnt wirken nur zwei oder drei Häuser – sehen können wir lediglich eine Katze, ansonsten wirkt das Städtchen wie eine Geisterstadt . Bei einem Spaziergang zwischen den Gemäuern streichen wir durch die schmalen Gassen und wagen uns in einzelne, nicht ganz baufällig aussehende Bauten. Interessanterweise sind die Wege und Terrassen alle gut erhalten oder neu gelegt und problemlos begehbar.

Nach der ausführlichen Besichtigung finden wir in der Nähe dieser imposanten Stadt einen ruhigen Platz für die Nacht.

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