Am Argolischen Golf

12. Dezember

Aus den Didimo- Bergen geht es heute wieder an die Küste, nach Kilada, einem sehr schönen Küstenstädtchen im südlichen Zipfel der Argolis. Hier stellen wir Biene ab und radeln mehr oder weniger an der Küste entlang bis Porto Heli.

Allerdings war uns bei der Planung nicht klar, dass der Weg durch eine der Gegenden führt, in der sich die Reichsten der Reichen ihre Luxusvillen gebaut haben. Die Grundstücke sind tausende von Quadratmetern groß, teilweise mit eigenem Hubschrauberlandeplatz und eigenem Hafen ausgestattet. Über die meterhohen Mauern mit Überwachungssystem kann man nicht schauen, vom höher gelegenen Fahrweg aus ist ab und zu ein Blick auf eine der Anlagen zu erhaschen. Wie auch immer es hinter den Mauern aussehen mag: Die „Straßen“, die zu den Grundstücken führen, sind in schlechtestem Zustand, und der Müll türmt sich auf Sammelplätzen. Kein Wunder, gehört den Steuerhinterziehern das Grundstück doch gar nicht offiziell und muss somit auch nicht von der Gemeinde versorgt werden. Viele der Wege sind durch Tore versperrt und somit nur für einen sehr kleinen Teil der Menschheit zugänglich.

Müll in der Superreichen- Gegend
Straße in der Superreichen- Gegend

An der Küste wundere ich mich über die Straßenbau- Politik der Griechen: Nur wenige Häuser stehen kurz vor Porto Heli an sehr breit und völlig überdimensioniert ausgebauten Straßen. Ob hier noch mit so viel Zuwachs gerechnet wird? Momentan ist jedenfalls alles leer: Die Straßen, die Ferienwohnungen und die wenigen Hotels, die Strände und Restaurants nahe Porto Heli.

In dem kleinen Ort drehen wir aufgrund des immer grauer werdenden Himmels nur eine kleine Runde, hinten in der Bucht am alten Fischerhafen vorbei, an der Hafenmole entlang und schließlich durch die gerade neu entstehende Marina, die aber noch nicht genutzt wird.

Der Rückweg führt durch das Landesinnere. Wir bestaunen originelle Tiny- Houses und hunderte von Bienenstöcken.

Kurz vor dem Ziel in Kilada taucht ein Mastenwald auf, der sich beim Näherkommen als riesiges Winterlager für Yachten entpuppt.

Zum Abschluss radeln wir in Kilada im Abendlicht die Mole hinauf und hinunter: hübsch hier!

In der Abenddämmerung verlassen wir Kilada und fahren mit Biene über die Berge in Richtung Nafplio, wo wir an einer abgelegenen Stelle übernachten.

Fahrt durch die Berge

13. Dezember

Morgens sind es nur noch 8 Kilometer bis zum Ausgangspunkt der geplanten Wanderung zum Demetrios Kloster Avgo. Bei Sonne starte ich die 13 Kilometer lange Wanderung, die durch die an der Nordseite des Didimo gelegenen Rados- Schlucht führt. Tom fährt die gleiche Strecke mit dem Rad. Schon von Weitem kann man das an den steilen , rötlich-braunen Felswänden klebende Kloster sehen.

Nach vier Kilometern auf einem festgefahrenem Erd- und Felsweg, der teils von Kiefern und Pinien, ab und zu auch von Oliven eingerahmt wird, überquert man den nur dürftig dahinsickernden Bach, dann wird es steil und anstrengender. Nach weiteren zweieinhalb Kilometern werden wir für den anstrengenden Bergaufteil belohnt: Durch ein Törchen tritt man in den winzigen Klosterhof und schaut auf die Schlucht und die umliegenden Berge bis zum Golf von Tolo. Wie ein goldbraunes Band ziehen sich die herbstlich gefärbten Laubbäume durch das Tal des Rados.

Nur wenige Meter sind es bis zum zweiten Tor, dem Eingang in den inneren Hof des Klosters.

Durch die niedrige Eingangstür kann man das Kloster betreten und einzelne Klosterzellen sowie die winzige Kapelle besichtigen. Es ist kalt und karg und sehr eng und einsam. Um 1700 sollen hier 16 Mönche gelebt haben, heute ist das Kloster verlassen.

Zurück geht es über denselben Weg, und nachdem wir wieder unser Auto erreicht haben, fahren wir durch eine weite Ebene, in der erstmals Gemüseanbau die Landschaft prägt: Kohl, Rote Bete und diverse Salatpflanzen wachsen hier üppig. Bis zu dem nahezu einzigen geöffneten Campingplatz am Paralia Strand zwischen Drepano und Tolo, etwa 10 Kilometer vor Nafplio, ist es nicht mehr weit.

Auf dem Platz bleiben wir zwei Nächte, genießen die heiße Dusche und leeren den Wassertank, der salziges Tankstellenwasser enthält, um ihn zu säubern und Trinkwasser einzufüllen. Über die Mittagszeit radeln wir durch die große Apfelsinenplantagen und dicht besiedelte Vorstadtgebiete nach Nafplio, um etliche Besorgungen zu erledigen, die Bremsen des Fahrrades erneuern zu lassen und zu erkunden, wo eine Wäscherei ist. Eine SIM-Karte mit 40GB bekomme ich für 20€.

Nachmittags wird es sehr kalt, deswegen verschieben wir die Stadtbesichtigung auf den kommenden Tag.

15. /16. Dezember

Auf dem riesigen Hafen- Parkplatz in Nafplio stehen außer unserer Biene noch mindestens zehn weitere Wohnmobile. Mit Sicht auf den Hafen sowie die Altstadt und die Burgen haben wir einen Vorzugsplatz für 0€, auf dem wir zwei Tage bleiben.

Mittwochs und Samstags ist Markt, und den besuchen wir, um unseren Gemüsevorrat für etliche Tage zu decken. Das Gemüse ist – anders als die Lebensmittel in den Geschäften – unvergleichlich billig. Acht Orangen bekomme ich für 60 Cent, und für Möhren, Lauch und Tomaten bezahle ich 1,50€. Angesichts der Fische überlegen wir, doch lieber auf Fischstäbchen zurückzugreifen, die sehen nicht mehr so lebendig aus.

Nafplio wird in Reiseführern eine der schönsten oder gar die schönste Stadt des Peloponnes genannt. Die Hafenstadt hat etwa 14.000 Einwohner und liegt am Argolischen Golf, über ihr thront die Festungsanlage Palamidi, außerdem wird sie von einer weiteren, niedrigeren Festung auf der Akronauplia abgegrenzt, und vor der Küste schaut aus dem Meer die kleine Festung Bourtzi heraus. Nach einer wechselvollen Geschichte, in der Byzanthiner, Venezianer und Türken abwechselnd die Stadt beherrschten, wurde Nafplio im Jahr 1822 von der griechischen Freiheitsbewegung erobert. Die Stadt wurde 1828 für wenige Jahre Hauptstadt Griechenlands.

Festung Palamidi von der Altstadt aus

Wir erkunden nachmittags die Festungsanlage Palamidi und die Altstadt. Angeblich führen 999 Stufen hinauf zur Festung bis auf 216m – ich habe nicht nachgezählt.

Der Blick hinunter auf Alt- und Neustadt wird immer großartiger, je höher man steigt, und bald fühle ich den eisigen Wind nicht mehr.

Blick auf die Altstadt Nauplio mit der Akronauplia- Festung
Blick auf die Neustadt Nauplio

Die Festung erstreckt sich über acht Bastionen, die zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert gebaut und ausgebaut wurden. Damit ist diese Festungsanlage deutlich jünger als die Akronauplia- Festung, auf die man von hier heruntersehen kann.

Nach dem Abstieg erkunden wir die wirklich ansprechende Altstadt mit ihren Gassen und Plätzen. Am Syntagmatos- Platz steht die Moschee, die 1822 als erstes Parlament genutzt wurde, und neben einer schönen Kirche und dem Archäologischen Museum gibt es viele Cafés und Restaurants.

Viele Geschäfte gibt es hier, die nicht nur Kitsch, sondern auch ansprechende Handwerkskunst und Schmuck verkaufen.

Im Hafen ankern einige große Segelyachten, eine davon ist besonders Aufsehen erregend. Es ist die Maltese Falcon, eine 88 Meter lange Segelyacht mit drei drehbaren Masten aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff. Sie sind mit jeweils fünf durchgebogenen Rahsegeln ausgestattet, die über 2000qm Segelläche aufweisen; alles ist elektronisch oder hydraulisch mit einem Minimum an Personal bedienbar.

Maltese Falcon

Die Maltese Falcon wurde vor 12 Jahren für 60 Millionen Pfund an die griechisch- englische Hedgefontsmanagerin Elena Ambrosiadou verkauft. Sie wird heute verchartert – der Preis für eine Woche beträgt etwa 460.000€ plus Kosten für Häfen, Personal etc. Dagegen wirkt der Dreimaster Winston Churchill nebenan, eine heute private Yacht mit 47m Länge und immerhin noch 812qm Segelfläche, klein.

Leider können wir nicht in einem der vielen Restaurants essen, da es draußen zu kalt ist und wir uns wegen der fehlenden dritten Corona-Impfung nicht lange in belebten Innenräumen aufhalten möchten. So gibt es eines der auf dieser Reise beliebten „Ein- Topf- Gerichte“, heute lila Blumenkohl mit Kartoffeln, in Milch gekocht und mit Zwiebeln und Käse verfeinert.

Abends können wir den Blick auf den Hafen und die beleuchtete Festung genießen.

Ein Spaziergang rund um die Halbinsel mit der Akronauplia- Festung rundet am darauffolgenden Tag die Stadterkundung ab. Der Blick ruht anfangs auf der vom Meer umspülten kleinen Festung Bourtzi, dann laufe ich um die Rundung herum und es wird ruhig.

Mit Kakteen bewachsene Felsen ragen hoch auf, der Weg ist zumindest im Winter wenig begangen und sehr ruhig und friedlich.

Festung Bourtzi

Die Fahrt geht nachmittags weiter an der Küste des Argolischen Golfes entlang, zunächst nach Paladio Astros, wo wir die Burgruine erklimmen, von der aus man einen Rundumblick auf den arkadischen Golf und das Hafenstädtchen Pladio Astros hat.

Am Strand einige Kilometer weiter finden wir einen Platz für zwei Tage direkt an der Küste mit Blick auf Paladio Astros.

Es wird immer kälter, der Aussage einer Frau, die hier schon lange Urlaub macht, ist es der kälteste Dezember seit 30 Jahren. Am ersten Tag unseres Aufenthalts hier wagen wir noch eine kleine Radtour in der weiten Ebene um Agios Andreas. Unzählige Olivenbäume wachsen hier auf grünen Wiesen, einige sehr alte Exemplare erhalten unsere besondere Aufmerksamkeit.

Am Hafenort Agios Andreas mit ein paar Fischerbooten, einem versunkenen Turm und einer alten Brücke geht es vorbei in die nahe liegenden Berge.

Etwas weiter landeinwärts in Richtung der Megali- Berge durchqueren wir Olivenhaine, in denen die Erntearbeiten noch nicht beendet sind. Die Menschen sind, wie immer hier, freundlich und kommen, um uns zu begrüßen und zu erklären, dass die geernteten Oliven noch am gleichen Tag in eine der drei umliegenden Olivenölfabriken gebracht werden. Heute, so erfahren wir, werden sie nicht mehr von Hand gepflückt, sondern mit einer Art Rüttelgabel vom Baum auf die ausliegenden Netze geschüttelt – eine anstrengende Arbeit.

Bald zieht uns der intensive Geruch von Oliven an, wir radeln an einer der Fabriken vorbei und werden – unsere neugierigen Blicke werden richtig gedeutet – sehr herzlich eingeladen, die Fabrikation näher zu betrachten, zu fotografieren und das Öl zu testen. Zum Abschied bekommen wir eine Flasche frisch gepresstes, noch warmes Olivenöl geschenkt – eine Delikatesse, zitronig und noch etwas bitter und milchig.

In den Bergen des Megali- Gebirges wird es schnell so kalt, dass wir den Rückweg antreten.

Noch steht Biene in der Abendsonne, doch in der Nacht schneit es in den Bergen, nur wenige Kilometer von der Küste entfernt – bei uns regnet es. Wenn es so kalt bleibt, werden wir uns endgültig aufs Wandern verlegen müssen – oder nach Hause fahren, wo es nicht viel kälter ist. Aber noch ist es nicht so weit!

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