Schneller als gedacht stehen wir in der kurzen Warteschlange für die Fähre, die uns von Algeciras nach Ceuta bringen soll. Innerhalb einer weiteren halben Stunde legt das Schiff ab und bringt uns in 40 Minuten hinüber in die spanische Exklave.
Von Ceuta aus sind es noch etwa 20 Minuten Autofahrt bis zur marokkanischen Grenze – und hier beginnt die Warterei. Etwas chaotisch „ungefähr vierspurig“ stehen die Autos vor den Grenzhäuschen, viele mit laufendem Motor. Ein ungeduldiger junger Mann macht uns darauf aufmerksam, dass wir doch weiterfahren könnten, es ist noch eine halbe Fahrzeuglänge Platz vor Biene…
Den Aussagen anderer Reisender nach kann die Grenzabfertigung bis zu sieben Stunden dauern, doch wir haben Glück. Nach 90 Minuten dürfen wir Pässe und Autopapiere zeigen, Biene wird kurz von innen inspiziert – der Alkohol wird „übersehen“, Hauptsache, wir haben keine Drohne und keine Kamera dabei, und nach weiteren 10 Minuten, in denen uns eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt und ein drittes Mal die Pässe und Papiere kontrolliert werden, dürfen wir einreisen.
An der Mittelmeerküste entlang geht es über eine sehr breite, beleuchtete, vierspurig ausgebaute autobahnähnliche Straße. Erste Eindrücke lassen mich staunen: Alle 100 Meter sammeln Arbeiter*innen in Warnwesten Müll am Straßenrand ein. Grüne Rasenstreifen begrenzen die Straße, alles sieht adrett und gepflegt aus. Hier befinden sich zwischen Straße und Meer die Ferienanlagen für reiche Marokkaner.
15. Dezember
Nach der Nacht auf einem Stellplatz, in der uns im Wechsel bellende Hunde oder krähendes Federvieh wachgehalten haben, testen wir erst einmal beim Betanken den neuen Wasserfilter, der 99,9% aller Keime abhalten soll, in Bienes Wassertank zu gelangen. Das Betanken klappt super, in den nächsten Tagen testen wir dann die Wirkung.
Jetzt müssen wir noch einen Shop finden, in dem man uns eine SIM-Karte für die Internetverbindung installiert, das haben wir gestern Abend nach einigen Versuchen nämlich entnervt aufgegeben. Der weitere Weg führt über den Küstenort Martil, und hier finden wir einen freundlichen Fachmann, der Tom eine SIM-Karte für umgerechnet 9€ mit 20GB installiert. Jetzt finden wir dank maps den weiteren Weg auf jeden Fall! Dazu gibt es noch Brot und zwei Stücke Kuchen für wenige marokkanische Dirham.
Eine tolle Strecke ist das, bergig und kurvig, am Mittelmehr entlang nach Osten. Grün sind die Berge, mit Pinien und Kiefern bestanden, oder rotbraun felsig. Langgezogene, meist ausgetrocknete Flussbetten ziehen sich vom Meer hinauf in die Berge. Auf der weiterhin gut ausgebauten Straße begegnet uns eine große Anzahl von Taxis, die am Straßenrand winkende Menschen einsammeln. Die Müllsammler*innen werden allerdings seltener. Immer wieder stehen angepflockte Esel am Straßenrand, Menschen winken uns freundlich lachend zu.
Am Oued Laou biegen wir von der Küstenstraße ab und fahren durch die Schlucht des Laou ins Landesinnere. Bald verlassen wir das breite Tal, die Berge links und rechts der Straße werden höher und steiler, die Straße enger und noch kurviger.
Auf dem Parkplatz des Café Rueda, etwa 20 Kilometer vor Chefchaouen, verbringen wir die sehr stürmische Nacht auf der Höhe eines Aussichtspunktes auf das durchfahrene Tal.
Samstagmorgen parken wir wenige Kilometer weiter, um von hier zu den Akchour- Wasserfällen zu laufen. Noch ist es etwas kühl und schattig, die Sonne kommt erst spät hinter den Bergen hervor, allerdings haben wir deswegen noch den ersten Teil des Weges für uns, die Wochenend- Ausflügler bevölkern erst etwas später den Weg.
Eine schöne kurze Wanderung ist das, die an mindestens sechs kleinen und größeren Kaskaden entlang führt. Der Weg ist gesäumt von zusammengezimmerten Bretter-, Wellblech- und Bastbuden mit bunt leuchtender Plastikbestuhlung und im Feuer rußenden Tajinen. „Restaurants“ sind das, in denen sich erst sehr wenige Gäste niedergelassen haben – noch ist es zu kühl.
Plötzlich herrscht jedoch Hochbetrieb auf dem schmalen Pfad, aufgeregte Männer mit mächtigen Kameraausrüstungen, Bildschirmen, Strahlern und Mikrophonen laufen geschäftig hin und her. Man erklärt uns, dass hier ein „ägyptischer Actionfilm“ gedreht wird. Die toll geschminkte Darstellerin einer Nixe darf ich leider nicht fotografieren.
Nachmittags setzen wir unseren Weg nach Chefchaouen fort. Auf dem hübsch und ruhig gelegenen Campingplatz wollen wir ein paar Tage bleiben, erst einmal richtig ankommen und eine Erkältung auskurieren.
17. Dezember
Die Sonne scheint von einem strahlend blauen Himmel, und ich starte schon gegen 10 Uhr zu einer Wanderung in die Berge oberhalb von Chefchaouen. Stetig führt der breite Weg bergauf, zunächst durch einen lichten Pinienwald, dann durch die felsige karge Landschaft. Der Blick über die Stadt weitet sich.
Schließlich führt der Weg am „Schwebenden Felsen“ vorbei. Nach einer Weile kehre ich um und nehme für den Abstieg einen kürzeren, deutlich steileren Pfad, der eher einem Klettersteig ähnelt. Hier hinunter führt der zeitweilig kaum erkennbare Weg an wenigen, aus Wellblech, Latten und Plastik zusammengezimmerten Bergbauernhütten vorbei. Je näher ich dem Tal komme, desto mehr Plastikmüll liegt herum.
Einmal werde ich von einem Bewohner der Hütten angesprochen, ob ich Haschisch rauchen und kaufen wolle, etwas weiter lädt mich ein anderer Mann ein, mir seine Hütte zu zeigen, ich könne dort etwas Schönes zum Rauchen kaufen. Ich lehne dankend ab, man winkt mir freundlich hinterher.
18. Dezember
Heute bin ich neugierig auf die Stadt Chefchaouen, deren Medina mit ihren arabischen und andalusischen Anteilen eine der schönsten des Landes sein soll. Erst seit 1920 dürfen auch Christen die Stadt betreten, die an einem Berghang im Rifgebirge liegt.
Die meisten Häuser der relativ großen Altstadt sind blau getüncht. Am frühen Morgen ist es noch unbelebt hier. Im ersten Sonnenlicht erstrahlt die blaue Farbe hell, im Schatten wirkt sie leuchtend dunkelblau. Männer in Djellabahs begegnen mir, einer erzählt, dass man diese im Winter gegen die Kälte trägt (es ist 16 Grad).
Im Laufe des Vormittags beleben sich die Gassen immer mehr, Händler breiten ihre Waren aus, hängen Teppiche zum Verkauf an Hauswände und Türen und bieten Djellabahs, Lampen, Leuchten, Metall- und Lederwaren an.
Am Ende der Altstadt liegt die Quelle Ras El Ma, die von Cafés gesäumt wird. Hier befinden sich noch zwei Waschhäuser, die laut den Worten eines hilfsbereiten und freundlichen Bewohners der Stadt, der mich ein Stück begleitet, auch noch genutzt werden.
Durch die engen blauen Gassen schlendere ich zurück, erprobe meine Fähigkeit, mit einem Teppichhändler zu handeln, probiere verschiedene süße und sehr süße Gebäckstücke und kaufe etwas Gemüse für das Abendessen ein. Zurück laufe ich steil bergauf bis zum Campingplatz.
19. Dezember
Über eine landschaftlich schöne Route fahren wir durch sattgrüne Korkeichen- und Nadelwälder und Olivenhaine nach Ouezzane und über die Hauptverbindungsroute N13 weiter bis Moulay Idris. Am Straßenrand verkaufen Straßenhändler massenhaft 5-Liter-Kanister mit Oliven und an Schnüren aufgezogene Datteln. Etwas später wechselt die Umgebungsfarbe in das satte Braun frisch gepflügter Felder, schließlich zu einem helleren Braun kahlerer großer Brachflächen. Hügelig ist die Strecke, und interessante Fortbewegungsmittel begegnen uns immer wieder.
Hier liegt unglaublich viel Plastikmüll am Straßenrand, ist vom Wind weit über die Äcker geweht worden oder hat sich in stachligen Büschen verfangen. Die Häuser sind Behausungen aus Wellblech und Schutt, arme Menschen wohnen hier.
Es ist nur an wenigen Stellen der mit Wellen und Löchern übersäten Straße möglich, schneller als 60 km/h zu fahren, wir fahren gemächlich und werden häufig von marokkanischen Autos überholt. Dennoch geraten wir an der einzigen Stelle, an der man einmal über 60 km/h fahren kann, in eine Geschwindigkeitskontrolle und werden von der Polizei an den Straßenrand gewinkt. Nur wenige Kilometer zu schnell, aber 150 MAD (etwa 14€) sollen wir bezahlen. Schließlich nimmt der Polizeibeamte Tom beiseite und erlässt ihm die Strafzahlung – schon wieder Glück gehabt!
Im weiteren Verlauf der Strecke bis Moulay Idriss fahren wir noch an etwa zehn Polizeikontrollen vorbei; vor Allem an Kreisverkehren kontrolliert die Gendarmerie sehr häufig.
In Moulay Idris schauen wir uns das alte Haroune Aquädukt an, finden aber keinen Parkplatz in der Stadt, um diese ausgiebiger zu besuchen. So bleibt es bei einem Blick auf die Stadt auf dem Hügel. Vielen Muslimen gilt sie als heilig wegen des hier befindlichen Grabes des Staatsgründers Idris I – uns erscheint sie von Weitem wenig attraktiv.
20. Dezember
Auf dem Campingplatz Zerhoun haben wir eine ruhige Nacht. Am frühen Morgen können wir zwei Männern bei der Ernte der Oliven zusehen, hier wird noch gänzlich ohne Maschinen, lediglich durch Abschlagen der Früchte mit Stöcken, geerntet.
Etwas später kommt ein Mann und bringt uns zwei sehr leckere Brote. Er möchte kein Geld haben, verspricht uns aber, später noch einmal wieder zu kommen – mit Tee und Berbermützen. Letztere habe seine Mutter gehäkelt, und wir können nicht umhin, einige anzuprobieren und dem sympathischen Mann schließlich zwei abzukaufen. Wenn das so weiter geht, ist Biene bald voller marokkanischer „Kleinigkeiten“.
Wenige Kilometer später sind wir in Meknes, und nach einem Großeinkauf in einem Carrefour und einem kleinen Einkauf in einem der seltenen Weinläden wird Biene auf einen Parkplatz in der Stadt eingewiesen und für 20 MAD (1,80€) gut bewacht. Wir schlendern durch einen kleinen Teil der Stadt, doch da wir beide noch nicht wieder fit sind, lassen wir uns eine dreiviertel Stunde von eine Kutscher auf einer der zahlreichen bunten Pferdekutschen durch die Stadt fahren. Die bleibenden Eindrücke sind rasch erzählt: Meknes besteht aus kilometerlangen alten, hohen Mauern, die die Königspaläste sowie die Altstadt so umfassen, dass man keinen Blick dahinter werfen kann. Es gibt einige hübsche Tore, unglaublich viele Baustellen und einige ummauerte Parks, unter anderem auch einen Golfplatz mitten in der Stadt. Der Töpfer- und Eisenwarenmarkt und das später besuchte Restaurant sind sehenswert.
Nach drei Stunden verabschieden wir uns von Meknes und fahren Richtung Azrou. Doch davon demnächst mehr.
Marokko soll sich zum Überwintern per Wohnmobil sehr gut eignen – eure Fotos und die Berichte bestätigen das. Ich bin gespannt, was ihr uns noch präsentieren werdet! Viel Spaß auf der weiteren Reise.