Hoch hinauf in die Vogesen

Am 9. September fahren wir mit Biene zügig vorbei an Karlsruhe und Straßburg in Richtung Elsass und über Kaysersberg und Orbey hinauf in die Vogesen. Für die nächsten Tage kündigt der Wetterbericht für diesen Teil Frankreichs sehr warmes und sonniges Wetter an, und so denken wir, dass es in den Höhen dieses Mittelgebirges noch warm, aber nicht zu heiß ist. Es ist noch früh am Nachmittag, und wir steuern zunächst den Lac Noir an, einen kleinen eiszeitlichen Karsee an der Route des Crêtes. Wie die anderen Karseen entstand auch der Lac Noir in der letzten Phase der Eiszeit im Alpenraum.

Auf dem kleinen Parkplatz am Ostufer finden wir eine Parkbucht. Von hier aus laufen wir um den kleinen See – wobei der Spaziergang immer mehr zu einer Klettertour wird; der Weg wandelt sich zu einem Pfad aus Geröll und Felsen.

Gegen Abend fahren wir nur wenige Kilometer weiter. An einem weiteren Karsee, dem Lac Blanc, geht es vorbei. Oberhalb finden einen recht ruhigen Übernachtungsplatz am Restaurant Les terrasses du lac blanc. Da wir im Restaurant essen gehen, ist die Übernachtung kostenlos.

Am nächsten, sehr sonnigen und selbst in diesen Höhen heißen Tag erkunden wir die Umgebung mit den Fahrrädern. Bereits kurz nach dem Start können wir an der Station du Lac Blanc den Mountain-Bikern im Bike Park zusehen – und den umgenutzten Gondeln, die im Winter den Schifahrer*innen dienen. Hier herrscht Hochbetrieb – Mountainbiker*innen, Motorradfahrer*innen, Wanderer und Autos knubbeln sich auf den Parkplätzen rund um das Aktionsgebiet.

Wir radeln von den Höhen der Vogesen hinunter ins Tal, meistens über schmale Straßen, zunächst bis Plainfaing an der Meurthe entlang, um dann wieder viele Kilometer durch den kühlen Wald bergauf zu radeln. Die letzten Kilometer führen über den glücklicherweise wenig befahrenen nördlichen Teil der Route de Crêtes zurück zu unserem Stellplatz.

Am Nachmittag machen wir uns auf ins Tal der Seen zum Campingplatz am Lac de Longemer. Für einen Camper mit zwei Personen kostet der Aufenthalt pro Nacht inclusive Strom 14€ – für zwei ruhige Nächte abseits befahrener Straßen und eine warme Dusche ist das nicht viel.

Camping du Lac am Lac de Longemer

Von hier aus erkunden wir am nächsten Tag die Umgebung dieses und eines weiteren, etwas größeren Sees, des Lac de Gerardmer, sowie der Berge ringsum mit den Fahrrädern. Beide Seen sind natürliche Gebirgsseen, die durch Vergletscherung auf der Westseite der Vogesen entstanden sind. Sie werden heute als Bade- und Freizeitseen genutzt; während unseren Aufenthaltes wurden die Bootsstege allerdings bereits abgebaut – die Saison ist trotz der hochsommerlichen Temperaturen weitgehend vorüber.

Nach einer weiteren Nacht auf dem CP geht es wieder hinauf zur Route des Crêtes. Vom Parkplatz am Col de la Schlucht aus – ja, diese deutsch-französischen Namen sind oft lustig! – wollen wir den Sentier des Roches erwandern. Ein Wanderweg, der im ersten Teil einen etwas alpinen Charakter hat. Oftmals muss man steile Felswege und Leitern hinabklettern. Die Wege sind durch Stahlseile an den Wänden, an denen man sich bei Bedarf festhalten kann, gesichert. Immer wieder freuen wir uns über die Ausblicke weit ins Land. Anstrengend, aber spannend und nicht gefährlich ist diese Wanderung über unregelmäßige Felsbrocken. Später führt der Weg durch den Wald in vielen Windungen steil bergauf.

Wieder oben auf der Höhe des Col de la Schlucht angekommen können wir bis zur Rheinebene einerseits und zum Hohneck andererseits schauen – das ist unser nächstes Ziel mit dem Camper. Nur noch ein kurzes Stück ist es bis zum Ausgangspunkt zurück – so ein Glück, Knie und Füße freuen sich auf eine Erholung.

Nach der Übernachtung auf dem stark von Wohnmobilen frequentierten Parkplatz am Col de la Schlucht beginnt der nächste Tag nebelig und trüb. Gemütlich fahren wir nur wenige Kilometer weiter bis zu einem Halteplatz etwas oberhalb der Route des Crêtes am Hohneck.

Biene unterhalb Le Hohneck in den Wolken

Da man in Frankreich überall – wenn kein explizites Verbotsschild vorhanden ist – einmal übernachten darf, richten wir uns für einen Tag und die folgende Nacht ein. Der Nebel lichtet sich am Nachmittag etwas, sodass wir einen Spaziergang wagen. So ein Glück: Während des Laufens wird die Umgebung klarer, die Wolken lösen sich langsam immer weiter auf.

Am 14. September ist die Sicht wieder klar, die tief hängenden Wolken haben sich verzogen. Weiter geht die Fahrt auf der Route des Crêtes Richtung Süden. Die viel beschriebenen Aussichten auf dieser Kammstraße beschränken sich wegen der hohen und dichten Bewaldung auf wenige Stellen – die allerdings sind beeindruckend.

So ein Pech: Unangekündigt ist die Straße wegen Ausbesserungsarbeiten ab Le Markstein heute und morgen gesperrt. Deswegen kommen wir von hier aus heute nicht zum höchsten Punkt der Vogesen, dem Grand Ballon. Die Planänderung führt uns über den kleinen, unattraktiven Lac de Lauch hinab von der Kammstraße über Guebwiller und Soultz-Haut-Rhin. Kurz vor Cernay finden wir bei Wattwiller den ruhigen, im lichten Laubwald gelegenen Campingplatz Huttopia. Für mehrere Übernachtungen sind uns diese Plätze lieber als die dicht an der Straße gelegenen großen kostenlosen Parkplätze, und wir finden einen wunderbaren Stellplatz, an dem am Morgen die Sonne wärmt, am Nachmittag ist sie verborgen hinter den Bäumen, so dass es nicht zu heiß wird.

Da es uns mit dem Auto von Norden her nicht möglich war, bezwingen wir von diesem Campingplatz aus am 15. September den Grand Ballon (deutsch: Großer Belchen) mit den Fahrrädern. 19 Kilometer geht es stetig mal mehr, mal weniger steil bergauf, und wir kommen heftig in Schweiß, bis wir auf dem mit 1424m höchsten Berg der Vogesen sind.

Zuvor besuchen wir bei einer Rast die Gedenkstätte am Hartmannswillerkopf. Das Bergmassiv war im 1. Weltkrieg wegen seiner exponierten und strategisch günstigen Lage hart umkämpft. 30.000 französosche und deutsche Soldaten starben hier im Laufe des Jahres 1915, weitere 30.000 wurden verletzt. Seit 2017 steht hier ein Museum, in welchem an diese Gefechte erinnert wird. Die Gedenkstätte für die gefallenen französischen Soldaten mit Monumentalbau und Soldatenfriedhof ist riesig.

Am Grand Ballon pausieren wir kurz für einen Kaffee, dann geht es auf der heute noch für Autos und zu unserer Freude auch für Motorräder gesperrten Straße bis zum Markstein.

Es folgt eine herrliche, 14 Kilometer lange Abfahrt, bis wir im Tal am Lac de Kruth-Wildenstein ankommen. Unterwegs können wir die Gleitschirmflieger beobachten, die oben am Markstein starten.

Lac de Kruth-Wildenstein

Durchs Tal radeln wir am Flüsschen La Thur über Ranspach und Thann nach Cernay und wieder zurück zu unserem Campingplatz. Frankreich scheint für uns ideal: Viele preiswerte Stellplätze und viele gut ausgebaute Radwege – was wollen wir mehr?

Nach einem Faulenzertag mit wenig Bewegung und einer weiteren ruhigen Nacht reisen wir am Morgen in die flachere Umgebung nach Ungersheim, einem Dorf zwischen Mulhouse und Colmar im südlichen Elsass.

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