Glücklicherweise gelingt es uns, mit dem zugesandten QR-Code die Schranke des Stellplatzes am Barragem zu öffnen. Wenig später parken wir in Castelo de Vide am Ortseingang, um durch den auf einem Berggrad liegenden Ort mit seinen steilen Gassen zu schlendern und das alte Castelo zu besuchen. Ein hübscher Ort, belebt und quirlig an diesem Morgen, mit etlichen Hotels, einige im Jugendstil erbaut, und einem kleinen Park. Die Burganlage am Ende des Bergsporns umfasst etliche noch bewohnte kleine Häuser und bewirtschaftete Gärten sowie die Überreste einer Kirche und einige verfallende Gebäude. Der Burgturm ist frisch renoviert und zugänglich – natürlich klettern wir hinauf und genießen den Ausblick in alle Richtungen.
Castelo de Vide
Bei Marvao überqueren wir gegen Mittag die Grenze nach Spanien. Ein kleiner Abstecher in das nach Portugal hineinragende spanische Land-„Dreieck“ reizt uns, aber nach zwanzig Kilometern stellen wir fest, dass sich dieser Umweg nicht lohnt: Die Straße ist relativ stark befahren, die Umgebung immer gleichbleibend eintönig. Vor Caceres, bei Aliseda, übernachten wir auf einem kleinen Berg mit Aussicht auf den Embalse de Aliseda.
Übernachtungsplatz am Mirador Aliseda
Nach Salamanca geht es über wenig befahrene Straßen am nächsten Tag zügig weiter. Der Parkplatz unter der Brücke am Innenstadtrand ist nicht schön und komfortabel, aber stadtnah und nachts relativ ruhig. Beim Aussteigen ist es schon merklich kühler – die Stadt liegt auf über 800m Höhe in der Iberischen Hochebene – und leider fängt es beim Rundgang auch an zu regnen.
Übernachtungsplatz
Dennoch: Wir sind beeindruckt von der Stadt in Sandstein. An der alten Römerbrücke vorbei geht es in die Stadt. Etliche der mächtigen Gebäude stammen aus dem 16. Jahrhundert, als die Stadt ihre Blütezeit erlebte, so auch die riesige Kathedrale und die Universität. Heute studieren hier über 40000 Menschen, was der Stadt ein junges lebendiges Gepräge gibt.
Die Placa Mayor ist riesig, bei dem Regenwetter aber menschenleer. Vorbei an der Casa de Conchas, einem mit Sandsteinmuscheln verziertem Haus – machen wir einen Bummel durch die Stadt mit ihren zahlreichen Läden mit den verlockendsten Leckereien wie Empanadas, Hornazo und Süßigkeiten wie Mandel- und Nougatspezialitäten– Einiges müssen wir einfach probieren.
Casa de las ConchasCasa de las ConchasStadthausPlaca mayor
Die Casa Lis mit dem Jugendstil- Museum besichtigen wir, bevor wir die Nacht unter der Brücke verbringen. Don Miguel de Lis, ein Kaufmann aus Salamanca, hat das Gebäude Anfang des 20. Jahrhunderts im Jugendstil ausbauen lassen. Besonders beeindruckend sind die farbige Glasdecke und die Fensterwände, doch auch die Ausstellungen zu Spielzeugen, Gemälden, Möbeln, Nippes, Schmuck im Jugendstil sind interessant.
Casa Lis
18. März
Über 300 Kilometer fahren wir heute durch Spanien, lassen Valladolid und Burgos hinter uns und suchen schließlich einen ruhigen Nachtplatz in der Nähe von Obarenes am Rande des Parc Natural de Montes Obarenes-San Zadornil auf. Neben der Kirchenruine auf einem Hügel haben wir wieder mal einen schönen Blick rundum. Zwei Nächte verbringen wir hier, am zweiten Abend bekommen wir noch Besuch von Freunden aus Fulda und verbringen einen schönen gemeinsamen Abend.
Trotz des unbeständigen und kühlen Tagesbeginns wagen wir von hier aus eine große Radtour durch den Naturpark, zunächst steil bergauf über einen Bergzug. Im Verlauf der Tour klart es immer mehr auf, und auf der Strecke bergab nach Frias kommt schließlich die Sonne hervor, so dass es ein wenig wärmer wird.
Neben der Eremita de Santa Maria de la Hoz, an diesem Sonntag ein beliebtes Ausflugsziel, machen wir Pause an den hübschen Wasserfällen und radeln dann Richtung Ebro- Tal weiter.
Das Castillo in Frias besticht durch seine außergewöhnliche Lage und die Form des Turmes auf dem Felsen. Kurz nach Frias radeln wir über die wenig befahrene Straße am Ebro entlang. Zwischen hohen Felswänden quetscht sich der Fluss hindurch und bildet hier den Ebro- Stausee Embalse de Sobron.
Frias, mit CastilloEbrodurchbruch und Stausee
Tags darauf verlassen wir den Nachtplatz und fahren nur eine Stunde weiter bis hinter Vitoria-Gasteiz an den Stausee mit dem interessanten Namen Embalse de Ullibarri-Gamboa. Eine letzte Radrunde soll uns um den See führen, bevor wir endgültig in das riesige Schlechtwettergebiet über Frankreich und Deutschland einreisen.
und tschüss!Um den Embalse Ullibarri- Gamboa
Über die Zwischenstationen Barbezieux-St. Hilaire und Angoulème geht es zügig bis St. Gaultier an der Creuse – diese Gegend wäre in wärmeren Zeiten noch einmal einen längeren Besuch wert.
Barbezieux-St. HilaireAngoulème; Wohnbau und KathedraleSt. Gaultier, Ort an der Creuse und Stellplatz am Friedhof
Einmal übernachten wir an der Seine und besuchen hinter der belgischen Grenze die kleine Stadt Bouillon – ein Wiedersehen; hier haben wir schon einmal übernachtet.
Bouillon, Stadt und Burg
Von hier aus bringen wir die letzte Etappe der Reise zügig hinter uns – die schönsten und farbigsten Regenbögen zeigen den nahenden April.
Von Peniche fahren wir nach Obidos, einer hübschen Kleinstadt im Centro. Sie ist bekannt für die noch vollständig erhalten gebliebene begehbare Stadtmauer und die weißen, mit Blau und Gelb abgesetzten Häuser. Die Stadt wurde seit dem 12. Jahrhundert von mehreren Königen den jeweiligen Königinnen als Hochzeitsgeschenk vermacht, weshalb sie den Beinamen Vila das Rainhas trägt. Seit 2015 gehört der Ort zum UNESCO- Kulturerbe.
Vom Parkplatz aus gehen wir am Aquädukt, welches 1570 errichtet wurde, entlang und betreten die Stadt durch das mit Azuleios und Gemälden ausgekleidete Stadttor.
Von Lagos fahren wir Richtung Westküste. Sobald wir die Algarve verlassen, wird alles ruhiger und gemächlicher. Leere Straßen, wenig Menschen, grüne Pflanzen…
Wir finden auf dem großen Parkplatz am Praia do Amado einen guten Nachtplatz. Außer unserer Biene stehen hier noch mindestens fünfzehn weitere Camper, offenbar wird das Übernachten hier geduldet. Ruhig und einsam ist es hier, nur die Wellen rauschen.
Desierta de Gorafe am MorgenBlick auf die Sierra Nevada am Morgen
Nach einer sehr ruhigen Nacht verlassen wir am Vormittag die staubige Wüste und fahren nur wenige Kilometer weiter nach Guadix. Guadix ist eine Stadt in der fruchtbaren Hochebene auf immer noch 915m Höhe und am Ufer des Rio Guadix gelegen. Nachdem wir auf einem großen Platz neben etlichen anderen Wohnmobilen geparkt haben, überqueren wir den Fluss – das heißt: das betonierte Flussbett, in dem einst der Rio Guadix geflossen ist. Wie alles in Andalusien ist es auch hier staubtrocken.
Vom kalten Deutschland durch die Schweiz und Frankreich nach Spanien
Ende Januar starten wir erneut gen Süden, die Reise soll nach Portugal gehen. Vom kalt-grauen Schmuddelwetter in die Sonne.
Auf dem Weg besuchen wir Verwandte und Freunde und statten, wie so oft, Firma Burow einen Besuch ab, die Elektronik im Oman funktioniert einmal mehr nicht richtig. Mit erneuertem Shunt fahren wir am Bodensee bei Freunden vorbei und schließlich am nächsten Tag durch die Schweiz. Die Kulisse ist grau, von Bergen sehen wir nichts, und rund 200 von den 350 Kilometern stehen wir – bis Bern – im Stau oder zumindest in zähfließendem Verkehr. Die Nordschweiz scheint – zumindest an einem Wochenende im Januar – ein einziges Verkehrschaos zu sein. Am Spätnachmittag des 28. Januar kommen wir im französischen Departement Auvergne-Rhone-Alpes an und übernachten auf einem im Winter kostenlosen Stellplatz am Ufer des Lac du Bourget.
Nachts um 1 Uhr fahren wir mit Biene auf die Fähre nach Ancona. Die Fahrt dauert fünfzehn Stunden, und da man im Winterhalbjahr kein Camping on Board buchen kann, suchen wir uns im Schlafbereich einen sehr ruhigen, allerdings nicht bequemen Schlafsessel. Für die wenigen Stunden reicht das aus, und den Rest des Folgetages verbringen wir überwiegend im Heck des Schiffes mit Blick aufs Meer.
Von Ancona aus setzen wir die Rückreise nur noch etwa 50 Kilometer, bis Mondolfo, fort, dann wird es dunkel und Zeit für ein Nachtquartier. Am nächsten Tag fahren die LKWs und auch viele Wohnmobile dicht gedrängt mit uns auf der Autobahn Richtung Norden. Der Fahrstil vieler Autofahrer führt zu mehreren Unfällen auf der Strecke, und schließlich sind die 80 Kilometer entlang des Gardasees eine einzige Staustrecke. Zu spät begreifen wir ziemlich gestresst, dass der morgige Donnerstag in Italien ein Feiertag ist und die Italiener diesen für ein langes Wochenende nutzen. Ein ähnliches Erlebnis hatten wir doch schon einmal auf der letztjährigen Rückfahrt am Gardasee!?
Nach nur 300 Kilometern in acht Stunden essen wir eine der besten Pizze und übernachten bei Tramin an der Weinstraße in Nähe des Kalterer Sees. Ja, kalt ist es hier! Am Morgen erwachen wir bei klarem, sonnigem Himmel und minus 7 Grad.
Übernachtung bei Tramin in den Weinfeldern
Am 8. Dezember geht es weiter durch das Etschtal, über den glücklicherweise noch gut zu befahrenden Reschenpass und den Fernpass. Das Wetter ist kalt und sonnig, ideal, um eine möglichst weite Strecke zu fahren. Am Reschensee legen wir eine Lauf- und Esspause ein, doch dann fahren wir an diesem Tag noch bis Illertissen kurz vor Ulm.
Fahrt durchs EtschtalHaidersee und Reschenseebei ImstZugspitzblick
Jetzt zieht es uns nach Hause, und am Nachmittag des 9. Dezember sind wir zurück.
Es war eine Reise mit vielen tollen Eindrücken und noch viel mehr Sonne und Wärme, als wir uns erhofft hatten. Nun finden wir erst einmal zurück in den Alltag und in die Kälte – allerdings nicht für lange, denn im Februar wollen wir wieder losfahren. Bis dahin!
Von Methana fahren wir an der Küste des Saronischen Golfs entlang nach Norden. Bei Korinth überqueren wir den Kanal von Korinth bei besserem Wetter als im letzten Jahr. Heute fahren hier auch zwei kleine Schiffe!
Kanal von Korinth
Wieder auf dem Festland, wollen wir Neues erkunden und fahren über Loutraki am Korinthischen Golf entlang, nach Perahora und an die Nordküste dieses Zipfels, der in Attika mündet. Loutraki ist ein ziemlich scheußlicher Touristenort mit heruntergekommenen Hotels und voller Fahrzeuge. Danach wird es immer einsamer, bis schließlich bei Paralia Shinou die Asphaltstraße als Schotterweg weitergeht.
Auch als dieser Weg nach etlichen Kilometern wieder in eine asphaltierte Straße übergeht, ist diese aufgrund von Unterspülungen und Fels- und Lehmabgängen infolge von Unwettern in großen Teilen zerstört und nicht besser befahrbar als die Schotterstrecke. Zudem hat es hier vor kürzerer Zeit gebrannt, die Gerippe der Bäume und Sträucher begleiten uns einige Kilometer. Natürlich geht es auch hier wieder hinauf und herunter, und die Ausblicke sind wunderbar!
Nach etlichen Stunden Fahrt für eine Strecke von etwa 80 Kilometern kommen wir auf die Bundesstraße E962, auf der es nun wieder zügig voran geht Richtung Thieva. Der Fahrer eines uralten Lieferwagens überholt uns und fährt eine Weile neben uns her, macht Zeichen, lacht und ruft schließlich aus dem geöffneten Beifahrerfenster: „You habe a nice car!“. Immer freundlich, die Griechen!
Durch eine weite Ebene mit Kleinindustrie und Feldern fahren wir nach Westen. Hinter Aliartos bei dem kleinen Dorf Petra finden wir einen sehr ruhigen Übernachtungsplatz in den ersten Ausläufern des Küstengebirges. Das Parnassos-Gebirge sehen wir rechts vor uns liegen, die höchsten Berge haben leichte Schneekuppen. Es wird kälter – und niederschlagsreicher!
Arachova
Am 24. November setzen wir die Fahrt bei Sonnenschein fort, an mehreren Schi- Zentren vorbei, zunächst bis zur Stadt Arachova, etwa zehn Kilometer vor Delfi, auf einer Höhe von etwa 900m gelegen. Ein Stadtrundgang begeistert uns: Die Lage erinnert an Langardia, allerdings ist dies ein touristischer Wintersportort – momentan noch ohne Schnee. Die zwei- bis vierstöckigen, traditionell gebauten Häuser stapeln sich über- und hintereinander am Hang. Eine Treppe führt bis zur oberen Kirche. In der Hauptstraße werden winterliche Accessoires angeboten – von moonboots über Handschuhe und Fellmützen. Der Winter naht!
Arachova
Eigentlich wollte ich mir die archäologischen Ausgrabungen in Delfi anschauen, doch die Parkplätze rundum sind selbst jetzt im November so überfüllt, dass wir schließlich unverrichteter Dinge weiterfahren. Die Idee, auf einem der näher gelegenen Campingplätze einzukehren und von dort aus zu radeln ist schnell verworfen, da alle umliegenden Campingplätze geschlossen haben. Schließlich übernachten wir mit Erlaubnis des Besitzers bei Kirra in der Einfahrt zu einem Campingplatz am Meer.
Hinter Delfi Vor einem Campingplatz in Kirra
Nachmittags laufe ich den mit Bachläufen durchsetzten, grasig-lehmigen Strand entlang bis Kirra- Dorf und staune, wie heruntergekommen, dreckig und lieblos ein touristisches Dorf in der Nebensaison aussehen kann. Lediglich die Strandabschnitte, bei denen die Gärten der anliegenden Hütten bis an die Wasserkante hinausgehen, sind liebevoller gestaltet. Ein Durchgang bleibt, wie überall in Griechenland, für die Allgemeinheit geöffnet.
Kirra
Entgegen der Annahme, an einem ruhigen Ort zu stehen, stellt sich in der Nacht die etwas oberhalb verlaufende Straße als Durchgangsstraße für Schwerlastverkehr heraus. Die LKWs donnern die halbe Nacht durch unsere Köpfe. Übermüdet fahren wir am nächsten Morgen früh einige Kilometer mit Biene weiter bis an eine Bergstraße bei Galaxidi und vertreiben den dicken Kopf bei einer Radtour über gut ausgebaute Straßen in die ruhigen, friedlichen, kaum von Autos befahrenen Bergregionen.
Bucht bei GalaxidiRadtour bei GalaxidiBucht bei Galaxidi
Nach dem Fahrradausflug geht es noch einige Kilometer weiter an der Küstenstraße E65 entlang. Die Ausblicke sind fantastisch, die Straße ist aber leider vielbefahren und die Orte zwischen Straße und Meer laden deswegen kaum zu einem längeren Aufenthalt ein. Wir übernachten vor Nafpaktos auf einem Hügel, von dem aus wir die Andirrio- Brücke nach Patras hinüber sehen können – vor einem rot-orangen Sonnenuntergang verabschieden wir uns endgültig vom Peloponnes.
Andirrio-Brücke bei Patras
Über Mesolongi fahren wir am 26. November weiter nach Etoliko, das nur über Brücken im See zu erreichen ist. Diese Region, die sich von Etoliko nach Westen und Norden erstreckt, gehört zu Westgriechenland und wird Akarnanien genannt. Hier im Süden dieser Region ist es flach, und zwischen den Schilfbecken und Sümpfen liegen große Seen, aus denen Salz gewonnen wird. Rosa Flamingos stelzen herum, aber sie sind zu weit weg, um ein gutes Foto abzugeben. Wie überall in Griechenland, wo es flach ist, haben sich Industrie oder Kleinbetriebe angesammelt – und es liegt viel Müll herum.
Etoliko
Wir fahren nach Norden, und kurz vor Astrakos wird die Landschaft wieder kleinteiliger, erste kahle Bergkuppen ragen vor uns auf. Einsam ist es hier, kaum ein Fahrzeug fährt auf diesen Wegen. Touristische Einrichtungen sucht man in dieser Ecke vergebens.
Wir suchen uns einen Platz für eine oder mehrere Nächte in den lehmig-orangen, mit Stachelpflanzen und Steinen bedeckten Strandabschnitten zwischen Straße und Meer. Hier haben Einheimische schmale Schotterwege angelegt und versteckte Sommerhütten aus Blech und Holz gebaut. Momentan ist alles verlassen, und wir finden einen ebenen Platz mit Aussicht.
bei AstrakosKüste bei Astrakos
27. November
Eigentlich wollten wir Rad fahren oder wandern, das Wetter spielt jedoch nicht mit. Mit etwas Regen und viel Wind setzt sich nun langsam auch in Griechenland der Herbst durch. Also fahren wir nach Norden auf der einsamen Küstenstraße Akarnaniens weiter und genießen die Ausblicke nach Lefkada und auf die vor uns liegenden Berge.
Fahrt durch den Norden Akarnaniens
In Preveza beschließen wir bei einem reichhaltigen Omelette für Tom und einem „healthy breakfast“ mit drei dunkel gerösteten Weißbrotscheiben und Marmelade und Honig – der Orangensaft macht es wohl healthy – für mich, dass wir bis Igoumenitsa weiterreisen und dort entscheiden, ob wir nach Korfu übersetzen.
Auf Korfu
Die Entscheidung angesichts des halbwegs guten Wetterberichtes und der in zehn Minuten abfahrbereiten Fähre fällt für Korfu.
Unsere Fahrtroute über Korfu
In Lefkimmi im Süden Korfus landet die Fähre nach einer halben Stunde Fahrt an, und da es schon dunkel wird, suchen wir an der Südwestküste einen Nachtplatz auf park4night. Im Halbdunkel erkunden wir noch ein Stückchen Strandstraße, die schließlich im Meer versinkt.
An der Südwestküste KorfusSüdwestküste Korfus
28. November
Das Wetter enttäuscht uns nicht, so dass wir Korfus Süden mit den Fahrrädern erkunden können. Allerdings stellen wir schnell fest, dass dieser Teil der Insel sehr vernachlässigt und heruntergekommen ist. Siedlungen mit Hotels und Pensionen sind ungepflegt, dreckig und vermüllt, die Häuser oft zu lost places verkommen, und auch der Strand ist halbmeterhoch mit Algen bedeckt. Mülltonnen werden offenbar viel zu selten geleert.
Ganze Straßenzüge so wie in Kavos wirken wie in einem Westernfilm: flache, heruntergekommene einfache Gebäude mit großen Eingangstoren, englischsprachige Reklameschriftzüge, die auf Tattoo-Studios, Kasinos, street food, Saloons und Vermietungen aller Art hinweisen… Alles hat geschlossen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass hier in der nächsten Saison auch nur ein Laden öffnet.
Straßenzug in Kavos
Die Straßen sind deutlich löchriger und schadhafter als auf dem Peloponnes, und man muss sehr gut Acht geben, dass man nicht in einem der tiefen Löcher stürzt.
Natürlich gibt es auch schöne Ecken in diesem Teil der Insel – vor Allem, je weiter man nach Norden kommt, und überall dort, wo Menschen nicht versucht haben, mit dem Touristenboom mit wenig Aufwand viel Geld zu scheffeln. So sehen wir auf unserer Runde eine unglaublich grüne Insel, es wachsen allerorts Laub- und Nadelbäume und sehr viele große Zypressen ragen in den Himmel. Zur Zeit werden in den großen Olivenwäldern gerade Oliven geerntet, die Netze überspannen den Boden.
Erkundung Süd- Korfus
Tags darauf ist es noch einmal sonnig, morgens zwar mit 9 Grad so kühl, dass wir Handschuhe und Kopfbedeckung anziehen, aber nachmittags wird es 15 Grad. Wir radeln nun von der mittleren Westküste – auf einer Linie mit Korfu-Stadt – aus los.
Korfu scheint nur aus Hügeln und Bergen zu bestehen. Es geht steil hinauf und steil wieder herunter, und innerhalb weniger Kilometer ist man 500 Höhenmeter gefahren. Das bringt natürlich die schönsten Aussichten mit sich. Auf der heutigen Tour erradeln wir zunächst den „Kaiser´s throne“, eine nach Kaiser Wilhelm II benannte Aussichtsplattform, von der man bis nach Korfu-Stadt und weit darüber hinaus die Bergketten auf dem Festland sehen kann.
Aussicht von des Kaisers Thron
Anschließend geht es hinab nach Agios Gordios an der Westküste und wieder hinauf über die Bergdörfer Kato Garouna und Ano Garouna. Neben schönen Landschaften mit unglaublich viel Grün sehen wir abgebrochene Fahrbahndecken und heruntergekommene Dörfer einerseits, schöne Villen und hübsche Touristendestinationen andererseits.
So einsam, so wenig touristisch, so autoleer und sauber wie der Peloponnes ist Korfu lange nicht! Und unter den Straßen leiden Auto und Fahrräder – oder besser: Diejenigen, die auf den Fahrrädern sitzen!
Am Nachmittag suchen wir einen großen Parkplatz in Paleokastritsa am Agios Petros-Beach auf. Im Sommer wird dieser brechend voll sein, denn drei attraktive Badebuchten liegen direkt nebenan. Wir wollen die nächsten beiden Tage hier verbringen. Regen ist angesagt, erst wenig, dann mehr. Außer uns parkt hier kein Mensch.
Parkplatz Paleokastritsa
So lange es noch trocken ist, wandere ich nachmittags auf den Klosterberg – und, natürlich – kann ich von hier die umliegenden Buchten und einen Teil der Westküste überschauen.
Am nächsten Vormittag kann ich noch bei trockenem Wetter hinauf nach Lakones, einem kleinen Dörfchen oberhalb der Strände und Buchten, laufen. Der Hinweg nach Lakones führt über einen steilen Eselspfad. Von dem kleinen Ort aus und auf dem Rückweg kann ich über die Buchten mit den Bergen und den Stränden blicken.
Lakones – Weg und AussichtLakones – Aussicht auf die Buchten
Riesige Olivenwälder durchquere ich auf dem Rückweg. Anders als in den bisher bereisten Regionen werden die Olivenbäume hier offenbar nicht geschnitten und wachsen wild wie ein Wald. So werden sie mächtig und stehen dicht. Anders als sonstwo werden die Oliven auch nicht von den Bäumen geschlagen. Vielleicht ist das auch an den überwiegend steilen Hängen zu mühsam. Stattdessen liegen unter den Bäumen riesige Netze, die die herunterfallenden Früchte auffangen. Sogar über den Fahr- und Wanderweg sind einige Netze gespannt, und Hindernisse wie Autos oder Boote werden mit eingesponnen. Was für eine Arbeit es allein sein muss, die Netze mit „Schaschlikstäbchen“ zu verbinden! Die Arbeiter*innen sammeln die Oliven auf, indem sie ein Netz mit einem Haken am Stiel anheben und die Früchte alle in eine bestimmte Richtung kullern, wo sie in Eimer gefüllt werden.
Später am Meer hat der Wind deutlich aufgefrischt, und es beginnt zu regnen – erst wenig, dann so lange und kräftig, wie wir es seit Wochen nicht erlebt haben.
Wir wollen den Norden der Insel noch ein wenig erkunden und fahren nach Angelokastro. Die Ruine der im 13. Jahrhundert erbauten Festung thront hoch oben auf einem Hügel direkt am Meer in der Nähe von Paleokastritsa. Angelokastro war ein Teil des venezianischen Frühwarnsystems, mit Rauchzeichen wurden Gefahren zur Festung nach Korfu-Stadt weitergemeldet. Heute steht nur noch wenig mehr als die restaurierten Grundmauern – die weite Sicht bleibt auch bei Nieselwetter noch gut.
Angelokastro – Festung und Aussichten
Am 1. Dezember fahren wir an der Nordwestküste weiter bis zum Loggas beach. Das Café mit dem Mini-Skywalk hat leider geschlossen, so machen wir hier nur einen Erkundungsgang zum „Strand“ mit den außergewöhnlichen geologischen Formen aus einer Art Sandstein und Lehm oder Ton. Die Küste bröckelt hier und wird vermutlich immer wieder in großen Stücken abbrechen, die Betontreppe am Strand ist schon ins Meer gerutscht. Ersatzweise gibt es eine provisorische Treppe aus Paletten.
am Loggas beach
Bevor es dunkel wird, laufen wir noch ein Stück weiter in Richtung des Cape Drastis. Im Dorf ist jedes zweite Haus verfallen und verlassen, Müll stapelt sich, wie so oft, auf den Grundstücken. Gebäude, Grundstücke und Straßen stehen in einem starken Widerspruch zur umgebenden Natur.
Cape Drastisam Cape Drastis
Wir übernachten auf dem ansonsten leeren Parkplatz, um am nächsten Tag die wohl letzte Radtour dieser Reise zu machen. Doch heute haben wir noch einmal Glück und können den Nordwestzipfel Korfus noch genauer erkunden. An der Küste entlang geht es nach Agios Stefanos, einem großen touristischen Küstenort, mit kleineren und größeren Hotels. Alles liegt verlassen da, und Häuser, Grundstücke, die Küstenpromenade und die Straßen wirken angegammelt: Hier ein abgebrochenes Geländer, da eine umgefallene Straßenlampe, dort fehlen die Dachziegel und die Farbe an den kleinen Geländersäulen aus Beton ist abgeblättert. Müll liegt überall herum – vom Haushaltsmüll bis zum Sperrmüll. Einwohner, die ganzjährig hier wohnen, gibt es anscheinend nicht viele.
Die Küstenlinie mit den Ausblicken entschädigt für die oft hässlichen Siedlungen.
Was uns auch jetzt wieder auffällt: Korfu ist dicht besiedelt, es folgt eine Ortschaft auf die nächste, und entsprechend stark ist der Verkehr. Leider sind die Straßen den Anforderungen nicht gewachsen, wir fühlen uns während dieser Tour wie nach Albanien versetzt. Schlagloch folgt auf Querrille, Abbrüche sind keine Seltenheit. Bei Agios Arillas schieben wir durch den Straßenschutt und den Fluss.
Bergab und wieder bergauf radeln wir, und wieder bergab und wieder bergauf, nun nach Afionas hinauf, von wo man einen Blick auf den bekannten langen Timoni beach hat. Hier gibt es viele private, bewohnte Häuser, das dem Ort sogleich einen angenehmen Charakter verleiht.
Oben angekommen auf dem Landzipfel genießen wir unsere Vesper am „sunset viewpoint“, bevor wie ins Landesinnere durch Oliven- und Pinienwälder weiterradeln.
Auch in Agros sehen wir viele kaputte und/oder verlassene Häuser. Ich lese, dass Korfu zu den wohlhabendsten Gebieten Griechenlands gehört. Wie passt das zusammen?
Häuser und alter Glockenturm in AgrosWeitblick bis nach Albanien
Nach dieser Radtour verschnüren wir die Fahrräder fest und regensicher auf dem Radträger und bewegen uns mit Biene am Folgetag langsam an der Nordküste, dann an der Ostküste entlang auf Korfu-Stadt zu. Die Abschnitte mit den meist kurzen Sand- und Kiesstränden gefallen uns nicht, zumal sie meistens eine dichte touristische Bebauung mit sich bringen, die felsigen Küstenabschnitte sind schön. An der steilen Ostküste fährt man oberhalb der Küste mit Blick aufs Meer, während von der Hauptstraße im Norden oftmals die Küste nicht zu sehen ist. Überall ist sehr langsames Fahren ein Gebot, da der Zustand der Straßen in erbarmungswürdigem Zustand ist.
An der Nordküste KorfusStein
Gegen Nachmittag erreichen wir Korfu-Stadt und parken nahe beim Fährhafen. Durch die schmalen Gassen, durch die verwinkelten Treppen und Häuserblocks und über die breiteren Straßen der Stadt schlendern wir und bekommen einen ersten Eindruck: Buntes Treiben und Leben herrscht hier, es gibt eine Vielfalt von Läden, Cafés, Creperien, und eine gute Stimmung flirrt durch die Sträßchen. Aber auch sehr viele marode Bauwerke gibt es, von denen der Putz bröckelt und die Fenster kaum in den Laibungen gehalten werden. Wir gehen sehr gut essen und schlafen weniger gut auf dem städtischen, lauten Parkplatz.
Häuser und Plätze in Korf-StadtGassen und Straßen in Korfu-Stadt
Am Sonntag möchte ich die Festungen besichtigen. Bei der „neuen“ Festung – eine venezianische Festung, die in den Grundzügen auch schon über 350 Jahre alt ist und später zum Schutz vor den Türken erweitert wurde – stehe ich vor verschlossenen Toren, bei der Besichtigung der „alten“ Festung werde ich von sturzflutartigem Regen völlig durchnässt. Auch Tom kommt tropfnass wieder am Camper an.
neue Festungalte Festung mit Graben
Am 5. Dezember geht es mit der Fähre zurück nach Igoumenitsa.
Von Nafplio aus geht die Reise nach Osten durch die Argolis Richtung Epidauros, bis wir Richtung Kranidi nach Süden abbiegen und an Didima vorbeifahren zum Salanti- Beach. Schon von Weitem sieht man, vom Berg hinabfahrend, die Bucht mit dem langen Kiesstrand, den lehmfarbenen Fahrspuren und den Brackwassertümpeln im Osten und – unübersehbar – mit dem sagenumwobenen Salanti-Beach-Hotel, das in seiner Hässlichkeit die Bucht prägt und verschandelt. Unten in der Bucht parken wir direkt am Strand. Außer uns stehen hier noch einige andere Camper, allerdings etwas weiter weg.
Nach der Fahrt an der wunderschönen Küste entlang vom Schakalstrand nach Süden kommen wir nachmittags in Leonidio an. Die typischen roten Felsen leuchten schon von Weitem. Mit Herzklopfen schlängeln wir uns durch die engen Straßen zum Campingplatz Semeli, den wir vom letztjährigen Aufenthalt kennen.
Angekommen in meiner zweitliebsten Stadt – naja, es ist ein Dorf mit einer langen Hauptstraße – mit dieser speziellen angenehmen Atmosphäre und dem Kletterparadies auf dem Peloponnes!