Durch den Süden der Argolis und weiter auf die Halbinsel Methana

Von Nafplio aus geht die Reise nach Osten durch die Argolis Richtung Epidauros, bis wir Richtung Kranidi nach Süden abbiegen und an Didima vorbeifahren zum Salanti- Beach. Schon von Weitem sieht man, vom Berg hinabfahrend, die Bucht mit dem langen Kiesstrand, den lehmfarbenen Fahrspuren und den Brackwassertümpeln im Osten und  – unübersehbar – mit dem sagenumwobenen Salanti-Beach-Hotel, das in seiner Hässlichkeit die Bucht prägt und verschandelt. Unten in der Bucht parken wir direkt am Strand. Außer uns stehen hier noch einige andere Camper, allerdings etwas weiter weg.

Wir wollen das ehemalige Hotel erkunden, von dessen Geschichte wir bereits gelesen haben. Das ehemalige Luxushotel wurde in den 1970er Jahren gebaut. Damals gab es Zimmer mit 600 Betten, Sportanlagen, einen großen Swimmingpool und einen Minigolfplatz sowie eine Strand-Disco. Das Hotel wurde als FKK- Hotel betrieben, und das gefiel den Bewohnern der umliegenden Dörfer überhaupt nicht. Mit Unterstützung des Bischofs von Idra wurde 1980 dagegen protestiert, und schließlich musste das Hotel als FKK-Hotel schließen. Ein paar Jahre wurde es noch zeitweilig als „normales“ Hotel geführt, aber schließlich verfiel die Anlage. Heute ist sie ein Ausflugsziel vieler Camper.

Salanti-Beach-Hotel mit Swimmingpool

Wir spielen Entdecker und schleichen durch die verlassenen Flure des 8stöckigen Baus. Die Aufzugschächte lassen tief blicken – in Deutschland wäre der Bau schon längst gesperrt. Lobby und Zimmer sind verwüstet und geplündert, nur wenige originale Möbel finden sich noch in den oberen Etagen. Sämtliche Kabel, nahezu alle Badewannen und Toiletten sind herausgerissen und befinden sich jetzt vermutlich in den Häusern der Umgebung oder auch weiter weg, ebenso wie die Treppenbeläge aus Marmorplatten.

Wir wagen uns vorsichtig – wie morsch mag der Stahlbeton sein? – bis hinauf in das oberste Stockwerk und auf die Terrasse, von der man eine tolle Aussicht hat.

Leider ist vom ursprünglichen Charme der 70er Jahre kaum noch etwas übrig, die Spuren der Verwüstung überwiegen, und wir laufen nach unserer Entdeckungstour zurück zu Biene am Strand und verbringen dort die Nacht. Tags darauf machen wir eine Radtour vom Salanti Beach aus über Didima – dort haben wir letztes Jahr die Dolinen besucht – und Loukaiti nach Iliokastro und dann Richtung Ermioni nach Kilada.

Blick nach Didima und zur Doline im Berg in der Mitte

In Kilada bestaunen wir die Werft für Privatboote und den größten „Winterparkplatz“ für Segelschiffe u nd Katamarane, den ich je gesehen habe. Ein Eigner erzählt, dass der Platz im Trockenen hier 9€ am Tag kostet – vielleicht ein Schnäppchen?

Anschließend sitzen wir eine Weile an der schönen Hafenpromenade und trinken Kaffee im einzigen geöffneten Café, bevor es durch die Bucht zurück zu Biene geht. In dieser Bucht entdecken wir den nächsten Nachtplatz, nicht weit von unserem jetzigen, aber idyllischer gelegen.

Morgens fahren wir gleich noch wenige Kilometer weiter bis zum Paralia Lampayanna, wo es uns so gut gefällt, dass wir uns für eine weitere Nacht einrichten. Von hier laufen wir 800m über einen Trampelpfad an der Küste entlang zur Höhle von Franchthi.

Franchthi- Höhle

Diese Felshöhle ist von der Seeseite gut sichtbar. Sie wurde bereits vor über 20.000 Jahren besiedelt. Vor etwa 5000 Jahren ist sie zum Teil eingestürzt, deswegen kann man nun durch eine große Öffnung den Himmel sehen. In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat man die Höhle archäologisch untersucht und viele Fundstücke unterschiedlicher Epochen ausgegraben, unter anderem auch ein menschliches Skelett sowie Skelette von domestizierten Tieren, außerdem Kulturpflanzen und Werkzeuge.

Auch dieser Tag ist wieder sonnig und warm, der Sand- und Kiesstrand wunderschön und einsam, und deshalb beschließen wir, einen Faulenzertag einzulegen und zu baden, zu lesen und zu sonnen.

Der 17. November ist der erste bewölkte Tag seit langer Zeit – allerdings immer noch warm mit über 22 Grad. Wir nutzen den Tag, um weiterzufahren. Dabei lassen wir die sehr touristische Ecke um Porto Heli bewusst aus und steuern Biene entlang am Golf von Hydra bis kurz hinter Metoxi. Unterwegs kaufen wir Lebensmittel und überlegen einmal mehr, wie das eine griechische Landbewohnerin bezahlen kann: Butter kostet 3,50€, Käse von Kühen gibt es nicht unter 4,50€ für 200g, und Mandelmilch – die die Landbewohnerin sicher nicht kauft – 3,20€. Vermutlich wird viel Selbsterzeugtes gegessen, und der Ziegenkäse ist preiswerter. Immerhin gibt es griechischen Wein aus der Umgebung in 1,5l- Plastikflaschen für unter 3€.

Vollgepackt mit Lebensmitteln und Trinkwasser finden wir auf einem Kapellenhügel unweit der Küstenstraße einen ruhigen Platz für die Nacht.

Der 18. November verspricht, wieder ein sonniger und warmer Tag zu werden. Kurzfristig entschließe ich mich, von Metoxi mit der Fähre hinüber nach Hydra zu fahren und die Insel zu erkunden, während Tom eine Radtour machen will.

Eine halbe Stunde braucht die kleine Fähre bis Hydra- Hafen. Ich bin von Ankunft an fasziniert von der Anlage der Stadt, deren Häuser sich mehrere Hügel hinaufziehen. Unten am Hafen sind sie repräsentativ und mehrstöckig, aus großen Bruchsteinen gemauert, weiter den Berg hinauf ziehen sich kleinere Häuser, die oft weiß und blau angestrichen sind. Die schmalen Gassen führen alle bergauf oder bergab und bieten wunderbare Aus- und Anblicke. Die Ruhe wird nur ab und zu gestört durch die motorisierten Arbeitsgeräte der Hydrioten, das Miauen der unzähligen Katzen oder das Wiehern der Mulis.

Hier darf kein Auto fahren, noch nicht einmal ein Moped oder ein Fahrrad. Alle Waren, die Koffer der Touristen, die Bauschuttabfälle und anderes mehr werden von Mulis transportiert. Anders ginge es auch gar nicht, schließlich sind die Gassen eng und steil und stufig. Kein Fahrzeug könnte hier verkehren, noch nicht einmal Kinderwagen. Ob die Bewohner solcher Orte besonders fit und gesund sind, frage ich mich einmal mehr? Die Navigation mit komoot versagt hier völlig und schickt mich immer wieder Sackgassen und Stiegen hinauf, die im Nichts enden- kein Wunder, ist die Insel doch für Fahrzeuge völlig uninteressant.

Immer wieder bestaune ich den blühenden Schmuck. Von jeder Gasse aus eröffnen sich neue Blicke auf die Stadt und das Meer.

Die Katzen gehören auf Hydra zum Stadtbild. Das Projekt HydraArk versucht seit 2007, eine kontrollierte und gesunde Katzenpopulation auf der Insel zu erhalten, und viele Einwohner*innen lieben ihre Katzen anscheinend und füttern sie mit Katzenfutter.

Große Hotels werden auf Hydra nicht gebaut, lediglich Pensionen und kleine Hotels in bereits vorhandenen Häusern gibt es, die Einwohner*innen haben gegen Pläne von Investoren gestimmt. Ich laufe an diesem Tag gefühlte 10.000 Stufen, steige jeden der Hügel, aus denen die Stadt gebildet wird, hinauf.

Schließlich führt der Weg wieder hinab zum Meer, wo im Viertel etwas außerhalb ein kleiner Fischereihafen liegt und die Menschen ihrer Arbeit fern vom Tourismus nachgehen.

Wieder im Haupthafen angekommen, kann ich beim Schaufensterbummel nicht widerstehen und kaufe mir ein handgefertigtes, geschmackvolles Andenken in einem der vielen Läden. Nach viereinhalb Stunden Aufenthalt und einem genüsslichen Kaffee geht es mit der Fähre zurück nach Metoxi – jederzeit würde ich noch einmal herkommen, um auch das Hinterland der Insel zu erkunden!

Auf dem Festland angekommen, habe ich die Nachricht erhalten, dass Toms Fahrradreifen mal wieder platt ist. Also the same procedure… Ich setze mich gleich in Biene und fahre zwanzig Kilometer bis Galatas, wo Tom schon lange wartet. Glücklicherweise liegt Galatas unweit von dem „Urlaubsplatz“, den wir vom letzten Jahr kennen und avisiert haben. Hier werden wir die nächsten zwei Tage verbringen und uns der Reparatur und der Drohne widmen, faulenzen, spazieren gehen und lesen. Mehr können und wollen wir an diesem einsam gelegenen Platz gar nicht tun – auch mal schön!

„Urlaubsstrand“ – irgendwo zwischen Metoxi und Galatas

Am 20. November, einem etwas grauen, aber dennoch warmen Tag setzen wir die Reise fort. An einer der zahlreichen Ölpressen, die ihren Betrieb im November aufgenommen haben, probieren wir frisch gepresstes Olivenöl und kaufen fünf Liter – lecker!

Nachmittags kommen wir auf Methana an. Die Halbinsel liegt im Saronischen Golf und ist unsere Lieblings-Halbinsel. Schöne Erinnerungen an unseren letztjährigen Aufenthalt verbinden uns mit dieser Insel, die nur über eine schmale Landzunge zu erreichen ist. Hierher verschlägt es kaum einen Touristen, Autos fahren selten, die kleinen Dörfer sind noch ursprünglich.

Hinter der Stadt Methana liegt der Nachtplatz, den wir nach einem kleinen Spaziergang an der Hafenpromenade anfahren. Am nächsten Morgen weckt uns dann auch wieder die Sonne. So muss das hier sein, denn schließlich wollen wir hier endlich mal wieder radeln – zwei Tage ohne viel Bewegung sind mehr als genug, sonst werde ich unzufrieden!

Wir wollen die Halbinsel mit den Fahrrädern umrunden, etwa 42 Kilometer sind das; allerdings auch etwas mehr als 1000 Höhenmeter. Von Methana-Stadt geht es entgegen dem Uhrzeigersinn an der wenig besiedelten Ostküste entlang, dann an der Nordküste bis Agios Nikolaos. Der kleine Ort bietet wohl im Sommer einigen wenigen, meist griechischen Touristen ein paar Unterkünfte und einen sehr schmalen Badestrand, liegt aber heute völlig verlassen da. Auch das Bad der Pausina – eine Schwefelquelle – ist offenbar ausgetrocknet.

Nordküste

Hinter Agios Nikolaos führt die Straße in die vulkanischen Berge, steil und in Serpentinen radeln wir immer weiter bergauf. Die Sicht ist  heute phantastisch, wir können über die Insel Ägina hinweg bis nach Athen sehen.

Durch die vulkanischen Kegel führt die einsame Straße weiter bis zum Volkano, den wir im letzten Jahr bestiegen haben. Heute lassen wir ihn rechts liegen und radeln nun wieder talwärts zur Westküste hinunter.

Westküste mit dem Volkano

An der Westküste weht ein kräftiger Wind, die Gischt spritzt auf die Fahrbahn.

Wir radeln um  die Spitze der Insel und schließlich wieder nach Methana-Stadt. Da es in der letzten Nacht wegen der Windwellen laut und salzig war, verlegen wir unser Nachtquartier und fahren mit Biene dorthin, wo wir an der Ostküste heute einen schönen Platz an einem alten Windmühlenstumpf entdeckt haben.

Auch am folgenden Tag scheint noch einmal die Sonne. Unsere Abschiedstour führt durch das Dorf Agios Theodori steil hinauf zu den Vulkankegeln. So eine kleine Halbinsel, und doch so viele Höhenmeter!

Bald können wir Methana-Stadt von „ganz oben“ erblicken. Selbst von hier sieht man, wie hellblau sich das Schwefelwasser im Hafen und im Schwefelbecken vom Meereswasser abhebt.

Blick auf Methana-Stadt

Steil geht es wieder hinunter, durch die Stadt, in der die Bougainvilleen und Weihnachtssterne üppig blühen, bis zum Hafen.

Die Stadt war im 20. Jahrhundert ein beliebter Kurort, und das zeigt sich noch in der Architektur einiger ehemals schöner großer Hotelbauten. Zudem gab es früher ein Casino, Freiluftkinos und ein kleines Theater. In den 60er Jahren wurde Methana nach dem Einbruch im 2. Weltkrieg wieder ein beliebter Kurort, in den 70er Jahren wurde die Seepromenade restauriert. Seit den 90er Jahren verfallen die Anlagen zusehends, übrig geblieben ist ein maroder Charme und das große Schwefelkurbecken vor den ebenfalls verfallenden Kurhäusern.

Neue nachhaltige Konzepte zur Entwicklung eines sanften Tourismus stoßen bis heute auf Desinteresse der Verwaltung und Einwohner*innen, obwohl die Vulkaninsel viele Wanderwege und zahlreiche geologische und naturkundliche Sehenswürdigkeiten bietet.

So genießen wir die Schönheiten der Halbinsel fast allein und radeln genüsslich noch ein letztes Mal an der Ostküste entlang, bevor wir Methana und damit dem Peloponnes Adieu sagen.

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