17./18. November
Nachdem wir das Blue Eye hinter uns gelassen haben, fahren wir an die Küste und finden bei Borsh einen Strandplatz, an dem wir ungestört stehen können.
Ein bisschen vermüllt ist es hier, und viel Bauschutt liegt herum. Wellblechhütten fristen ein schon winterliches Dasein, bevor sie im nächsten Sommer wieder als Kiosk oder Strandbar genutzt werden. Hier ist niemand, den wir stören können.
Am nächsten Tag werden wir durch das Prasseln des Regens geweckt. Eigentlich wollten wir heute mit dem Fahrrad einen Teil der Küste erkunden, doch das Wetter macht uns einen Strich durch unsere Pläne. So fahren wir ein paar Kilometer auf der Küstenstraße nach Norden, um dort das alte Fort in Porto Palermo zu erkunden, aber als wir ankommen, regnet es so stark, dass wir nicht aussteigen wollen.
Also fahren wir weiter nach Norden. In Serpentinen schraubt sich die Küstenstraße hinauf und wieder herunter, Steigungen über 10% sind üblich. Leider hört der Regen nicht auf, der Dunst und tief hängende Wolken beeinträchtigen die Sicht auf das Meer und die Berge. Nur erahnen lässt sich die Schönheit der albanischen Küste.
In verschiedenen Orten fahren wir von der hoch am Berghang gelegenen Straße etliche Kilometer hinab zum Meer, suchen einen neuen Übernachtungsplatz, von dem aus wir am nächsten Tag, falls der Wettergott uns wieder wohl gesonnen ist, eine Radtour starten können. Wir haben Pech: Sämtliche Camping- und Stellplätze, die noch vor Kurzem vorhanden waren und zum Teil noch ausgeschildertsind, gibt es nicht mehr. Stattdessen türmen sich an diesen Stellen riesige Neubaukomplexe mit meist noch im Bau befindlichen Ferienwohnungen und Hotels. Die Strände sind über Kilometer nicht mehr zugänglich, weil privatisiert, und mit Bauschutt bedeckt. Der einzige Platz, auf dem wir hätten übernachten können, besteht aus einer riesigen Pfütze und soll ohne jeglichen Service noch Geld kosten. Letztlich bleibt uns nichts anderes übrig, als wieder zurück nach Süden zu fahren, und erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit finden wir einen Strand bei Himara, an dem es noch einen Campingplatz gibt, der zudem auch noch geöffnet hat.
Von hier aus starten wir die beiden Fahrradtouren an den nächsten Tagen – nun wieder bei Sonne.
19. November
Die Sonne scheint, und da wir geplant haben, viele Kilometer zu radeln, starten wir schon um 9 Uhr zu einer Radtour. Wir wollen den Llogara- Pass erklimmen, etwa 28 Kilometer nördlich von unserem Stellplatz am Campingplatz Moscata bei Himara. Es geht nur über die Küstenstraße – und die hat es in sich! Bergauf und bergab führt sie, in unzähligen Serpentinen. Von den Autofahrern, die hier zu schnell gefahren sind, erzählen die kleinen Straßenkapellchen.
Wir fahren durch einige Bergdörfer, die sich eng an die Steilhänge schmiegen. Dazwischen Büsche, niedrige Bäume, Macchia und viele Felsen. Wir queren Schluchten und begegnen etlichen Kühen und Mulis auf der Straße.
Die Serpentinen zum Pass ziehen sich laaaang hin. Je höher wir kommen, desto stärker wird der Wind, und die Temperatur sinkt merklich. Auf halber Höhe werde ich in einer Kurve mit dem Rad durch die Fallwinde umgeweht, und wir kehren um. Immer hin gut 1400 Höhenmeter sind geschafft – mehr geht heute nicht.
In der Nachmittagssonne fahren wir zurück, genehmigen uns noch einen Kaffee in einem der zahlreichen am Hang liegenden Cafés mit herrlichem Ausblick. Bald wird es kühl, und wir sind froh, noch vor dem Dunkelwerden wieder an unserer Biene angekommen zu sein.
Auch am 20. November scheint die Sonne, und schon um 10 Uhr ist es so warm, dass wir die Wäsche rasch aufhängen können und im T-Shirt losradeln. Es geht hinauf nach Pilur, über eine schmale, wenig befahrene Straße zu diesem hübschen kleinen Bergdorf.
Mit jeder Serpentine wird die Aussicht spektakulärer, und oben angekommen, haben wir 900 Höhenmeter überwunden.
Nach der Vesper mit toller Aussicht geht es schnell wieder hinab. An der Strandpromenade von Himare trinken wir Kaffee, und am Campingplatz angekommen, ist noch Zeit, um am Strand ein wenig zu faulenzen und die Füße ins Wasser zu halten. Es ist noch ganz warm!
Nur der Gedanke daran, dass die Küstenstädte in Albanien größtenteils ihre Abwässer ins Meer ableiten, hindert mich daran, im Meer ein Bad zu nehmen. Die Wäsche ist getrocknet, wir tanken Wasser und packen die Räder wieder aufs Auto.
In den nächsten Tagen soll es regnerischer werden, und so machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg zur griechischen Grenze. Mittags erreichen wir Butrint, eine Ruinenstadt auf einer kleinen Halbinsel im Butrintsee. Griechen, Römer, Venezianer hinterließen hier ihre Spuren. Die Mauerreste von Profan- und Sakralbauten, Stadtmauern und Straßen zeugen von der Vergangenheit. Man braucht allerdings viel Phantasie, um sich das damalige Leben vorzustellen, denn meistens sind lediglich die Grundmauern ausgegraben, die im höher gestiegenen Grundwasser liegen. Es gibt ein gut erhaltenes kleines Theater, einen Tempel des Aesklepios, die Grundmauern der Agora und zahlreicher Quellen, denn in römischer Zeit war Butrint ein Heilbad.
Die große Basilika und die Taufkapelle stammen aus frühchristlicher Zeit.
Seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. gab es auf der Akropolis eine Burg, die „wieder“ aufgebaute ist allerdings eine Burg aus den 1930er Jahren. Seit dieser Zeit fanden hier Ausgrabungen statt. Der gesamte Komplex steht schon seit 1992 unter dem Schutz der UNESCO.
Wir sind von der Anlage und den kaum vorhandenen Erklärungen etwas enttäuscht. Da es noch früh am Nachmittag ist, entschließen wir uns, noch vor dem Dunkelwerden nach Griechenland einzureisen, schließlich sind es bis zur Grenze nur noch 20 Kilometer. Den Einreiseantrag mit den Corona- Formalitäten habe ich mittags ausgefüllt.
Zunächst müssen wir aber noch mit der Seilfähre über den Vivar-Kanal, die natürliche Verbindung zwischen dem Butrint-See und dem Ionischen Meer, übersetzen. Ob das Holzbrett Bienes Gewicht hält?
Geschafft. Diese 20 Meter kosten uns immerhin 14€. Nun noch eine komplizierte und sehr enge Umleitung durch ein kleines Dorf, weil gerade die Umgehungsstraße geteert wird, und dann sind wir in der Warteschlange an der Grenze. Von den albanischen Grenzbeamten werden wir durchgewunken, die griechische Grenzstelle dürfen wir erst anfahren, nachdem unsere Impfausweise und Corona- Einreisezertifikate kontrolliert wurden und ein PCR-Test durchgeführt und ausgewertet ist. Am Zoll dann eine nochmalige Kontrolle der Impfausweise und des Zertifikats sowie der Personalausweise, und schließlich sind wir in Griechenland.
Da die Dämmerung schon eingesetzt hat, fahren wir nur noch wenige Kilometer bis zu einem kleinen Strandstreifen bei Sagiada, wo wir ungesehen übernachten können.
Leider regnet es heute wieder, und der Regen soll uns laut Prognose auch in den nächsten Tagen begleiten. Wir beschließen, die Vikos- Schlucht und die Meteora- Klöster in den Bergen Nordgriechenlands ein anderes Mal zu besuchen und gleich weiterzufahren Richtung Süden. So legen wir heute eine weitere Strecke über Igoumenitsa und Parga bis zur Insel Lefkada zurück. Dass wir nicht mehr in Albanien sind, merken wir sofort an den deutlich breiteren Straßen. Zudem liegt wesentlich weniger Abfall an den Straßenrändern. Von der schönen griechischen Küste sieht man leider nur wenig, Regenschleier verdecken die Aussicht.
Über einen schmalen Landstreifen durch eine Lagune fahren wir nach Lefkada und direkt weiter zu dem Platz am Kathisma- Strand, von dem aus wir die Insel erkunden wollen.
23. November
Morgens ist es noch etwas Grau in Grau, doch im Laufe des Tages zieht sich der Himmel mehr und mehr frei.
Nahezu menschenleer ist der Strand, den man nur über eine lange, gewundene steile Straße erreicht. Die Restaurants und Cafés sind verlassen. Biene steht am Rand der Strandstraße, außer ihr sind noch zwei andere Camper da. Morgens machen wir einen Strandspaziergang bis zur nächsten Bucht, die noch einsamer liegt, und nachmittags wandern wir den Berg ein Stück hinauf. Ansonsten liegen wir in der Sonne, lesen und faulenzen.