Zwei besondere Städtchen: Leonidio und Monemvasia

Nein, wir fahren nicht nach Hause, obwohl es an der Küste den ganzen Tag regnet und in den Bergen bis hinab auf 700m schneit – der kälteste Dezember seit Jahren. Wir hören nachts noch einmal gebannt den heulenden Schakalen rings um uns zu und verlassen den Strand bei Astros am nächsten Tag.

Wir fahren in die Berge, um ein wenig Winterluft zu schnuppern. Kloster Loukos, welches wir zuerst ansteuern, versteckt sich hinter dicken, weißen, hohen Mauern und gewährt uns keinen Eintritt. So fahren wir über Astros Richtung Südwesten in die Ausläufer des Parnon- Gebirges.

Hier suchen wir eine Quelle auf, die im Verzeichnis der Quellen Griechenlands beschrieben wird, und tanken – dummerweise ohne vorher zu kosten – unsere Trinkwasserflaschen auf. Erst später merken wir, dass das Wasser nach Algen und Schimmel schmeckt, und müssen alles wieder entsorgen.

Etwas höher sind die Berge überpudert mit feinem Schnee, noch nicht viel, aber immerhin. In der Ferne ragen fast 2000m hohe weiße Gipfel auf. Es ist vier Grad, kalt genug, um einmal den Winter zu fühlen, aber zu kalt, um dort oben übernachten zu wollen.

Also geht es zurück, wieder an die Küste, die Küstenstraße mit ihren einzigartigen Ausblicken auf das tiefblaue Meer und hübsche kleine Siedlungen entlang bis nach Leonidio.

Ausblicke auf die Küste am Argolischen Golf
Felsenwand bei Leonidio in der Abendsonne

Leonidio gefällt uns vom ersten Blick an. Das Städtchen liegt kurz vor der Mündung des Dafnon am Ausgang der Schlucht zwischen hohen, roten Felsen, die es unter Kletterern zum Paradies machen. Doch auch wir sind angetan von der Atmosphäre in den engen Sträßchen, den trubeligen Plätzen und Geschäften und den freundlichen Menschen.

Hier beziehen wir Quartier auf dem Campingplatz Semeli und verbringen die nächsten Tage mit Stadterkundungen, Wanderung und Radtouren.

In Leonidio beantragen wir am Bürgerbüro „KEP“ eine griechische Sozialversicherungsnummer, die man für die Booster-Impfung benötigt. Hierfür brauchen wir lediglich unseren Pass, die Vornamen des Vaters / der Mutter (?!) und eine griechische Telefonnummer. Nach ein paar Minuten ist der Vorgang abgeschlossen, und wir haben unsere Nummer; in vier Wochen sollen wir uns an einem „KEP“ hier oder anderswo in Griechenland melden, um dann dort einen Termin für die Impfung zu machen. Ob das so klappt?

Eine Radtour führt vom Stellplatz Semeli aus zunächst an der Küste entlang, an den kleinen Häfen Plaka und Poulithra vorbei, dann, wie immer mit wunderbaren Ausblicken auf Küste und Dörfer, steil hinauf in die Berge.

Die Wanderung zum Kloster Nikolaou Sintzas beginne ich mit dem Fahrrad in Leonidio und setze sie dann zu Fuß durch die Olivenhaine und über den mittlerweise asphaltierten, steilen Weg durch die immer schmaler werdende Schlucht fort. Das weiß getünchte Kloster klebt hoch oben an der südlichen Felswand einer schmalen Seitenschlucht des Dafnon.

Leider ist das Tor verriegelt, aber auch so wird sichtbar, dass die Nonnen dort ein karges und abgeschiedenes Leben geführt haben. Der Blick ins Tal ist großartig, die Felsen von Leonidio leuchten trotz des trüben Wetters weithin sichtbar.

Blick zurück ins Tal

Ein weiteres Kloster besuchen wir bei einer Radtour durch das Tal des Dafnon. Die gut ausgebaute Straße Richtung Sparta schraubt sich immer höher hinauf, die Schlucht bietet wieder tolle Ein- und Ausblicke. Obwohl dies eine Hauptverkehrsader ist, begegnet uns kaum ein Auto, an den Felswänden parken lediglich einige Camper von Kletterern, die hier hoch hinauf wollen. Leider können wir an den Felswänden keinen erblicken.

Das Kloster Elonis liegt abgeschieden auf etwa 600m Höhe, in einer einsamen, kargen Bergwelt. Wir sehen es schon von Weitem von der Straße aus, die sich schließlich in Serpentinen hinaufschraubt. Auch dieses Kloster ist dem Himmel nah, schmiegt sich an und in die Felswand, hell getüncht, ist nur unter Anstrengungen erreichbar.

Auch hier ist das Eingangstor verschlossen, Hinweise auf Corona bitten um Verständnis. Kalt ist es hier, zu kalt, um zu vespern, und so radeln wir langsam, damit die Fingerspitzen und Ohren nicht abfrieren, wieder den Berg hinunter, um ein wärmeres Plätzchen für eine Pause zu finden.

Anschließend geht es zügig wieder zum Campingplatz, es ist zu kalt, um sich noch länger irgendwo aufzuhalten. Abends gehen wir zum ersten Mal in Griechenland essen, mit Ute und Uwe von travel2u.de, zwei liebenswerten Menschen mit einem Kerkamm Reisemobil, die wir am Schakal- Strand kennen gelernt haben. Es wird ein interessanter und entspannter Abend. Die Beiden sind schon einige Monate länger unterwegs und haben viel zu erzählen – vielleicht treffen wir uns ja noch einmal auf dem Peloponnes…

Nach vier Nächten verlassen wir Leonidio, frisch betankt mit Diesel und Wasser, um Richtung Monemvasia weiter zu fahren. Es geht über einsame Straßen bis auf 1000m Höhe ins Gebirge, Ziegenherden begegnen uns, aber auf 30 Kilometer nur ein einziges Auto. Schneefelder säumen den Weg, es ist neblig und trüb, dennoch ist die Landschaft faszinierend. Bei Charakas fahren wir hinab, wieder in Richtung Küste, und beziehen einen Nachtplatz auf 550m Höhe, von dem wir die Küste von hoch oben über den steilen, schroffen, von wenig Buschwerk umwachsenen Felsen sehen können.

Eine kleine Kapelle mit einigen Ruinen noch etwas höher den Berg hinauf lädt zu einem Spaziergang ein, bevor die sternenklare, kalte Nacht hereinbricht.

Am Morgen des Heiligabends ist es kalt und klar. Wir ziehen alle Pullover, Jacken, Hosen, Schals und Mützen sowie Handschuhe an und starten zu einer Radtour bei sonnigen 4 Grad.

Über zehn Kilometer geht es an der Bergflanke entlang bergab – gewaltig und hoch ragen die Felsen mehrere Hundert Meter links neben uns auf, rechts geht es steil zur Küste hinunter. Hinter Kiparissi wird die Straße weniger steil, ab hier ist sie unmittelbar an der Küste entlang in den roten Fels gehauen – neu und perfekt ausgebaut mit Unterstützung der EU. Wir profitieren heute nahezu als Einzige davon – zwei PKW begegnen uns auf 40 Kilometern.

Das rote Band der neuen Straße zieht sich um den Berg
Rückweg im Gegenlicht

Auf dem Rückweg begegnen uns lediglich einige friedliche Tiere, die den Heiligen Abend einläuten. Wir wärmen uns schließlich in unserem gemütlichen Heim auf, kochen üppig und lecker und genießen die Abgeschiedenheit und Ruhe. Am Nachthimmel leuchten zu später Stunde Millionen und Abermillionen von Sternen.

25. Dezember

Etliche Kilometer weiter nach Süden Richtung Monemvasia halten wir zu einer kleinen Wanderung nach Longarion. Der Weg beginnt in Nähe der Küste und führt in die Berge hinauf. Riesige Steingebilde und flache Felsen, durchlöchert, geriffelt, zerfurcht, weich gerundet, in den Zwischenräumen wachsen Moos- und Staudenpolster, und einige niedrige Büsche säumen den gerölligen Fußweg, der sich – wieder einmal – in Serpentinen bergauf windet. Von oben sieht man, wie die Hügel vom Meer her zuerst sanft, dann gebirgiger ansteigen, sich ergänzen und ablösen, dem Wasser seinen Lauf in den unzähligen Schluchten gewähren. Auf wenigen Grünflächen stehen Bienenstöcke, doch Ziegen sind die Tiere, die ich am häufigsten sehe.

Ich habe das Glück, mehrere Hundert Ziegen vor mir hertreiben zu dürfen, bevor sie sich auf einen Felsen flüchten und die merkwürdige Besucherin von oben beäugen.

Das verlassene Dorf Longarion erreiche ich leider nicht ganz und kehre auf demselben Weg wieder zurück.

Es ist nicht mehr weit bis nach Monemvasia, wo wir Biene direkt am Hafen parken können, mit Aussicht auf den großen Felsklotz, auf dem die alte Stadt von hier aus nur zu erahnen ist.

Der Felsen ist durch einen schmalen Damm mit dem Festland und dem davor liegenden Dorf Géfira verbunden, und hier hinüber radeln wir am nächsten Vormittag. Erst wenn man die Südflanke zu zwei Dritteln umrundet hat, wird deutlich, was sich auf diesem Fels verbirgt: eine wunderschön restaurierte Unterstadt und eine Oberstadt, die größtenteils in Ruinen liegt, die aber noch zeigen, wie man hier einst gewohnt hat. Monemvasia war seit dem 4. Jahrhundert wichtige Zufluchtsstätte, Umschlaghafen und Stützpunkt auf der Schiffsroute Italien – Konstantinopel, hatte Wohlstand und Reichtum und galt als uneinnehmbar, versank aber im 18. Jahrhundert, nachdem die Stadt an die Türken verkauft worden war, in der Bedeutungslosigkeit.

Durch das Westtor betritt man die autofreie Stadt (Autos hätten hier auch gar keinen Platz) und läuft durch die schmalen, gepflegten Gassen. Zu Beginn gibt es etliche Souvenir- und Schmuckläden, doch die meisten Häuser dienen als Pensionen, Hotels oder Ferienwohnungen. Restaurants und verwinkelte Innenhöfe laden zum Verweilen ein, kleine Treppen führen hinauf und herunter auf immer neue Ebenen und geben uns Gelegenheit zu kleinen Streifzügen durch Winkel und Gassen.

Monemvasia, Unterstadt

Hauptplatz mit Christos- Elkomenos- Kirche
Mauer im Osten

Wir schlendern kreuz und quer durch das Städtchen und über die Freifläche bis zur Ostmauer, dann klettern wir hinauf zur Oberstadt.

Hoch oben in der Oberstadt thront die Kirche Agia Sophia, als einziges Bauwerk hier oben restauriert. Doch zwischen all den herumliegenden Steinen ehemaliger Bauwerke erkennt man immer wieder die gut erhaltenen Gewölbe der Untergeschosse der Wohnhäuser und Geschäftsbauten.

Wir halten uns lange an der Stadtmauer auf und blicken auf Teile der Oberstadt und die Unterstadt hinab. Die Aussicht von hier oben ist absolut einzigartig.

Zum Abschluss des Besuches in Monemvasia können wir auf der sonnenbeschienenen Terrasse eines Cafés essen und den Mittag gemütlich in den Nachmittag übergehen lassen. Später am Tag verlassen wir den Hafen in Richtung der Westseite des südöstlichen „Zeige“fingers.

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