23.-28. Juli
Bevor wir uns Riga anschauen, machen wir noch einen Zwischenstopp im Kemeri- Nationalpark, etwa 40 km östlich von Riga gelegen. Das Hochmoor, welches die Kernzone des Nationalparks bildet, ist am Nachmittag wenig besucht.
Wir wandern vom Parkplatz aus zunächst über einen Waldpfad, dann über gewundene Holzstege, die immer weiter ins Moor hineinführen.
Kleine Kiefern und wilde Gräser wachsen in den Feuchtwiesen. Der Untergrund wird immer nasser, bis der Weg schließlich zwischen Moorseen und Tümpeln hindurch zu einem Aussichtsturm führt, von dem aus man eine wunderbare Aussicht über diese einzigartige Landschaft hat.
Gegen Spätnachmittag herrscht hier eine anheimelnde, fast magische Stimmung. Ruhig laufen wir zum Parkplatz zurück.
Der Parkplatzwächter war damit einverstanden, dass wir hier die Nacht verbringen. Womit wir nicht gerechnet haben: Gegen 22 Uhr treffen sich auch hier, auf dem abgelegenen Naturpark-Platz, die jungen Erwachsenen, um ihre sportlichen Autos zu präsentieren und dann den Sonnenuntergang im Moor zu erleben. Als es dunkel wird, fahren jedoch die Letzten, und wir haben eine ruhige Nacht.
24. Juli: Ein Tag in Riga
In Riga stehen wir auf dem „Campingplatz“ Kipsala – wobei der Campingplatz ein Platz neben einigen Garagen ist, an der Marina, mit WC, mit Ausblick auf die Daugava, für immerhin 20€/ Nacht. Der Platz ist ruhig – bis 22 Uhr. Doch dazu später.
Mit dem Fahrrad fahren wir die 3 km nach Riga hinein und erkunden die Altstadt.
Wie immer interssieren uns zunächst die vielen prachtvollen, meist gut restaurierten klassizistischen Häuser. Viele Plätze gibt es, und viele Kirchen. Nahe dem Domplatz trinken wir einen Kaffee und genießen die Stadt- Atmosphäre.
In den Markthallen bestaunen wir die Vielfalt und Mengen des Angebotes an Fleisch, Fisch, Gemüse und Obst und Süßwaren – Vieles ist nicht viel billiger als in Deutschland. Ein Lette erzählt uns, dass in Lettland ein Rentner etwa 400€ bekommt – das Durchschnittseinkommen liegt bei etwa 1250€, der Mindestlohn bei 500€.
Abends radeln wir noch einmal in die Altstadt, um essen zu gehen, und treffen ein Radler/innen- Paar, welches uns schon am Kap Kolka begegnet ist, wieder. Gemeinsam erleben wir einen schönen und kurzweiligen Abend mit guten Gesprächen. Als wir zur Biene zurückradeln wird es schon dunkel, und vom anderen Daugava- Ufer tönt Musik zu uns herüber. Die wird im Laufe der Nacht immer lauter. Dazu lädt ein Garagenbesitzer nebenan die ganze Nacht über Waren in ankommende und abfahrende Kleinlaster, so dass wir bis 6 Uhr morgens kaum ein Auge zumachen.
Egal, wo wir uns aufhalten – die Nacht von Samstag auf Sonntag ist überall im Baltikum laut, so scheint es.
25. Juli
Aus Riga geht es viele Kilometer hinaus über eine breite, teils Autobahn- ähnliche Straße. Hier fahren E- Busse mit „Verbindung nach oben“, und auf der 6spurigen Schnellstraße (Autobahn?) überholen wir den ein oder anderen Radfahrer.
Zunächst statten wir dem Freilichtmuseum etwas östlich von Riga einen langen Besuch ab. Das Museum ist sehr idyllisch am Ufer des Jugla- Sees gelegen und stellt auf einer Wald- und Wiesenfläche von 87ha weit über 100 Gebäude aus. Es wurde bereits 1924 gegründet und zeigt Häuser, Scheunen, Ställe, Saunen, Kirchen und andere Bauten aus den vier Regionen Lettlands.
Noch voller Eindrücke geht unsere Fahrt weiter in den Gauja- Nationalpark. Hier wollen wir etwas länger bleiben, denn der Nationalpark bietet viele Sehenswürdigkeiten, und außerdem hoffen wir auf Wege, die mit dem Fahrrad zu befahren sind. Zum ersten Mal sind wir auf einem Campingplatz, der deutschen Standards entspricht: gekennzeichnete Stellplätze, jeder mit einer Sitzgruppe ausgestattet, mit WC- und Waschhäusern, fließendem Trinkwasser, Strom und vielen Müllbehältern. Ein Platz zum Urlaub machen mit allem Komfort – auch mal nett.
Die Sonne scheint wie bisher an jedem Tag, der See lädt zum Baden ein!
26. Juli
Heute gehen wir paddeln auf der Gauja!
Gegen 11 Uhr werden wir vom Chef des Campingplatzes zum Einstieg nahe Cesis gebracht – wir sind die einzigen Gäste, die heute eine Flussfahrt machen. 18 Kilometer sollen es werden, die wir die Gauja hinunterpaddeln bis nach Ligatne. Die Gauja ist wegen der langen Trockenperiode etwas leer und flach, selbst bei einer Kenterung könnten wir jederzeit aussteigen und das Boot wieder auf Kurs bringen. Doch dazu kommt es nicht, denn dies ist ein ruhiger Fluss ohne Herausforderungen an unser Können. Zunächst paddeln wir kräftig über den ruhig dahinfließenden Fluss, um uns herum nur Wasser, grüner Uferbewuchs wie Schilf, Gras und Bäume.
Drei Partyboote überholen wir mit Leichtigkeit, hier wird gegrillt, gegessen und getrunken. Mit Schrecken erkennen wir, unseren Proviant im Kühlschrank der Biene liegen gelassen zu haben. Wenigstens haben wir genügend Wasser mit, denn auch heute ist wieder ein sonniger und heißer Tag.
An den steileren roten Felswänden haben wir etwas Schatten und lassen uns treiben. An wenigen Stellen sind leichte Stromschnellen, das Durchfahren macht besonderen Spaß.
Es scheint, als ob wir nun die einzigen Paddler auf diesem Fluss sind – es ist vollkommen ruhig, nur die Grillen zirpen, das Wasser plätschert und die Bäume rauschen. Viele blaue Libellen begleiten uns. Schon nach knappen vier Stunden kommen wir an der Gierseilfähre in Ligatne an – unser Ausstieg.
Nach dem erforderlichen Anruf werden wir zügig abgeholt. Der ganze Spaß hat lediglich 45€ gekostet! Nachmittags machen wir noch ein bisschen „Urlaub“, gehen baden, lesen, essen…
27. Juli
Morgens radeln wir nach Cesis, der nächstgrößeren Stadt mit einem hübschen Innenstadtkern und einer großartigen alten Ordensburg.
Die Burg besuche ich allein und bin begeistert, wie ansprechend die Örtlichkeiten und die Geschichte der Burg didaktisch dargeboten werden. Im obersten Turmgewölbe sehe ich eine hervorragend aufbereitete Videoinstallation zum Bau und den verschiedenen Herrschaftsperioden der Ordensburg an – ganz ohne Sprache und gut verständlich.
Auf dem Rückweg regnet es, und die drückende Luft kühlt etwas ab.
Die Planungen für eine größere Radtour verlaufen im Sande – oder im Schotter… Außerhalb der großen Verbindungsstraßen gibt es keine für Fahrräder gut befahrbaren Straßen. Schade!
28. Juli
Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von diesem schönen Ort und fahren einige Kilometer zurück Richtung Sigulda, um uns eine weitere Ruine einer einst bedeutenden Ordensburg anzuschauen, Burg Turaida.
Auch hier sind Fundstücke aus dem Leben der Bewohner und die Geschichte der Burg didaktisch gut aufbereitet und dargestellt. Burg Turaida spielt auch in den lettischen Sagen und Legenden eine wichtige Rolle.
Nach der Besichtigung durchqueren wir den angrenzenden Folk Song Garden mit den Skulpturen, die Motive aus alten lettischen Volksliedern zeigen.
Vom Park aus geht es eine lange Treppe hinab zum Ufer der Gauja und weiter zur Gutmannshöhle, einem Schauplatz einer der Legenden. Hinter der Höhle geht es über eine noch steilere Treppe wieder hinauf und zurück zum Parkplatz.
Richtung Tuja setzen wir unsere Reise fort und lassen den Gauja- Nationalpark hinter uns.