In Höchenschwand stehen wir auf dem Wohnmobilstellplatz, der nahezu voll belegt ist. Von hier aus kann es nur bergab gehen: Höchenschwand nennt sich „Dorf am Himmel“. Auf einer gemütlichen Tour erkunden wir die Umgebung südlich des Ortes und radeln ab Unteralpfen wieder stetig bergauf durch das Albtal, am Albsee vorbei und bis nach Sankt Blasien.
Auf den Höhen kann man bei klarem Wetter bis in das Schweizer Jura schauen, wir sehen die Berge nur als blauen, leicht gezackten Streifen am Horizont.
Einen Blick müssen wir natürlich auch in den Dom in Sankt Blasien werfen. Der Dom St. Blasius wurde 1783 geweiht und war damals die drittgrößte Kuppelkirche Europas. Sie hat eine Spannweite von 36m und ruht auf 20 kreisförmig angeordneten Säulen. Sie beeindruckt auch heute noch durch ihre Größe und die schlichte Ausstattung.
Auch das Tal der Schwarza erkunden wir von Höchenschwand aus, der wunderbare Radweg entlang des Flusses führt kilometerlang bergab durch den Wald und ist für motorisierte Fahrzeuge verboten – ein Glück für uns! Das Plätschern der Schwarza und der zu ihr hinfließenden Rinnsale begleitet uns ebenso wie das Vogelgezwitscher.
Viele Fichten an den steilen Hängen rechts und links sind umgestürzt oder abgebrochen, etliche von Moos und Flechten überzogen. Einige Felsen sind ins Tal gerutscht und haben auch Bäume mitgerissen. Auch hier sind insbesondere die Nadelbäume nicht mehr gesund.
Unten im Tal in Nähe des kleinen Witznau-Stausees entdecken wir Nagespuren an einem Baum. Ob die von einem Biber sind?
Auf der Rückfahrt geht es – wie auch sonst – wieder hinauf, Jurablick inklusive.
Am nächsten Tag fahren wir mit Biene nur wenige Kilometer weiter bis Menzenschwand, welches im Reiseführer als besonders schönes Dorf angepriesen wird. Und das ist es wirklich. Vom Stellplatz, der im Vorderdorf zwischen den Wiesen am Bach liegt, haben wir einen Blick auf eine Herde von Kühen mit elf Kälbern, die zum ersten Mal auf der Weide sind und freudig und lebhaft herumhüpfen.
Beim ersten Spaziergang durch Vorder- und Hinterdorf gibt es einen schönen großen Schwarzwaldhof neben dem nächsten zu bestaunen. In den meisten befinden sich Gasthöfe, Hotels oder Restaurants, die aber noch nicht geöffnet haben.
Eine Wanderung führt mich über den wunderschönen Menzenschwander Geißenpfad und noch weiter hinauf bis zur Hochkopfhütte und zum Feldbergpass auf etwa 1220m Höhe.
Die Ausblicke ins Menzenschwander Tal Richtung Westen sind phantastisch. Je höher ich komme, desto besser kann ich auch den Turm auf dem Feldberg erkennen. Der Weg, der zunächst frei am Hang entlang führt, verläuft weiter oben durch den dichten Nadelwald. Immer wieder überquere ich – nach einer durchregneten Nacht – kleinere und größere Quellen, die aus dem Berg sprudeln, manchmal als kleiner Wasserfall, manchmal nur als Rinnsal. Fast oben angekommen, kann ich tief unten im Tal den kleinen Ort Menzenschwand liegen sehen.
An der Hochkopfhütte entdecke ich auf einem Baum, nur wenige Meter entfernt, einen Auerhahn. Um ihn gut fotografieren zu können, gehe ich noch ein wenig näher heran – das Tier fliegt nicht weg. Plötzlich jedoch flattert er nach unten und landet vor mir auf dem Boden. Ich will ihn fotografieren, komme jedoch nicht mehr dazu, da er meine dunkelblauen Hosenbeine angreift. Mit schweren, kräftigen Flügelschlägen attackiert er meine Beine, gurrt mich an, ich weiche erschreckt zurück. Das interessiert den Auerhahn jedoch nicht, jetzt geht er erst richtig auf meine Hosenbeine los, und auch meine abwehrenden Tritte veranlassen ihn nicht, von mir abzulassen. Eine enorme Kraft hat das Tier in den Flügeln – am nächsten Tag habe ich blaue Flecken am Unterschenkel. Erst als ich mehr als 30m rückwärts gelaufen bin, lässt er mich in Ruhe. Einige Meter weiter entdecke ich am Wegrand ein Schild, das vor aggressiven Auerhähnen warnt. Zu spät.
Auf dem Weg, der in Serpentinen wieder bergab führt, überquere ich den Wasserfall Maria Loch und komme dann aus dem Wald heraus wieder ins grün-gelb-weiß-violette Wiesental. Am ehemaligen Köhlerplatz und an der Klusenmoräne geht es weiter durch das Albtal. Als Kluse bezeichnet man im Schwarzwald ein Wehr, das das Wasser für die Flößerei aufstaut. Hier wurde die Kluse vor wenigen Jahren erneuert. Der Klusensee vor dem Wehr ist zum Teil als sumpfige Wiese mit Röhricht und anderen Wasserpflanzen erkennbar. Über von Menschenhand geformte Steintreppen fließt das Wasser weiter hinab.
Schließlich sehe ich auch noch eine Herde der für den Pfad namengebenden Tiere, bevor ich die Menzenschwander Wasserfälle erreiche.
Die letzten Kilometer führen durch das idyllische Tal und zurück zu Biene.
Am 25. Mai besuchen wir den Resenhof in Oberlehen, einem Ortsteil von Bernau. Der Resenhof ist ein Schwarzwaldhof, der 1789 erbaut wurde; heute ist er ein Freilichtmuseum. Es handelt sich um einen Eindachhof, Wirtschaften und Wohnen fand unter einem Dach statt. Dieses ist so weit heruntergezogen, dass die Menschen auch bei großer Schneelast noch um das Haus herum gehen konnten. Zudem liegt ein Schwarzwaldhof nahezu immer am Hang, sodass Wagen mit Heu direkt auf die Tenne fahren konnte.
Man kann im Haus anschauen, wie die Menschen gewohnt haben, aber in etlichen Räumen sind auch sehr viele unterschiedliche Holzhandwerke und deren Produkte ausgestellt. Somit ist der Resenhof auch „Holzschneflermuseum“. Das Schnefeln bedeutet das Schnitzen von Holz, und man kann im Museum Werkzeuge und Produkte von Drechslern, Löffelmachern, Wagnern, Küblern, Schindelmachern, Bürsten- und Besenmachern, Schuhmachern, Schlitten- und Schimachern bestaunen.
Am letzten Tag in Menzenschwand unternehmen wir vormittags eine kurze, aber intensive Radtour auf den Feldberg, der mit 1493m die höchste Erhebung im Schwarzwald ist und damit etwa 600m höher als unser Ausgangspunkt in Menzenschwand liegt. Während der Fahrt haben wir immer wieder den Feldberg- Turm im Blick.
Da heute Feiertag ist, herrscht viel Betrieb am Feldberg. Irritiert sehen wir schon von Weitem Parkhaus, Hotel, gastronomische Einrichtungen und – wahrhaftig – ein Einkaufszentrum an der unteren Gondelstation.
Wir radeln hinauf bis zum Turm, vorbei an vielen Hundert Wanderern, die heute unterwegs sind. Von oben schauen wir Richtung Todtnau und auf die beiden Seen Feldsee und Schluchsee. Die Schweizer Alpen kann man leider nur erahnen.
Etwas durchgefroren – oben auf dem Berg war es deutlich kühler als im Menzenschwander Tal – geht es zurück, wir wärmen uns bei einem Kaffee auf und verlassen am Nachmittag den schönen Stellplatz, der nun auch zunehmend bevölkerter wird: ein langes Feiertagswochenende steht bevor. Über Bernau fahren wir mit Biene nach Präg und weiter über viele Serpentinen nach Todtmoos hinauf. Diesen Ort durchfahren wir zügig und landen schließlich auf einem einsamen Waldparkplatz in der Nähe von Herrischried.
In Spaziergangsnähe liegt der Gugelturm, dem wir am Spätnachmittag noch einen Besuch abstatten und auf dem Rückweg den Blick über die Wiesen genießen.
Am Morgen des nächsten Tages parken wir Biene auf dem Wohnmobilparkplatz in Herrischried. Dies ist eigentlich ein normaler Parkplatz ohne jede Infrastruktur, für uns mit Biene völlig ausreichend und schön ruhig. Es steht lediglich ein anderes Wohnmobil hier. Die Räder werden abgeladen, und wir machen uns auf, um Richtung Rhein zu fahren und und Bad Säckingen zu erkunden. Morgens ist es in Herrischried noch stark bewölkt und kühl, doch je näher wir der Rheinebene kommen, desto wolkenfreier wird der Himmel, und es wird wieder wärmer: Eine Jacke nach der anderen verschwindet in der Fahrradtasche.
Am kleinen Bergsee vorbei gelangen wir schnell nach Bad Säckingen und sind überrascht von der ansprechend lebendigen Innenstadt mit ihren kleinen Plätzen, Cafés und den bunten Häusern und interessanten Geschäften.
Ein wenig schlendern wir durch die Gassen, trinken Kaffee und gelangen schließlich zur Säckinger Holzbrücke. Diese Brücke ist über 400 Jahre alt und gilt als längste überdachte Holzbrücke Europas. Mitten auf der Brücke trennt ein weißer Strich die beiden Länder Deutschland und Schweiz – man kann mit einem Fuß in Deutschland, mit dem anderen in der Schweiz stehen.
Aus der Stadt hinaus geht es am Gallusturm vorbei sieben Kilometer den Rhein entlang bis zum kleinen Städtchen Murg. Die Ausblicke auf den großen Fluss sind herrlich, er ist hier schon erstaunlich breit und wirkt teilweise wie ein großer See.
In Murg biegen wir ab auf den Murgtalradweg, dem wir über viele Kilometer bergan folgen. Überwiegend ist dies ein sehr gut befahrbarer Waldweg, durch das hellgrüne Laub fallen Sonnenstrahlen, das Bächlein rauscht und plätschert, manchmal fällt das Wasser über Steinstufen abwärts. Mehrere Felstunnel müssen durchfahren werden, bevor wir den Weg verlassen und über die Höhen wieder nach Herrischried gelangen.
Am nächsten Tag erkunden wir die Gegend in der entgegengesetzten Richtung: Nun geht es zunächst ins östlich gelegene Hartschwand, dann weiter am Schwarzenbächle entlang nach Norden.
Die „Erzgrube Hermann“ ist ein Versuchsstollen der Schluchseebergwerke und nie zum Erzabbau genutzt worden. Hier wurden Untersuchungen über Stabilität und Wasserführung des Gesteinsuntergrundes im Schwarzenbachtal vorgenommen. Vor Jahrzehnten sollte hier ein See aufgestaut werden – diese Pläne sind glücklicherweise ad acta gelegt worden. Deswegen können wir auch heute noch den Krai Woog Gumpen wenige Kilometer bachaufwärts anschauen. Wenn es etwas wärmer wäre, könnte man im Gumpen baden!
Über Ibach radeln wir Richtung Todtmoos und im Bogen wieder zurück nach Herrischried. Wir haben Glück: Auch wenn der Himmel zeitweise bedrohlich wirkt, müssen die Regenjacken nicht ausgepackt werden!
Zum Abschluss unseres Aufenthaltes in Herrischried können wir im Freilichtmuseum Klausenhof noch Kuchen essen und einer großen Hochzeitsgesellschaft zuschauen – und natürlich den Museumshof ansehen. Aufbau und Einteilung des Hauses ähneln sehr dem Resenhof. Interessant ist der innen liegende rundum laufende Gang, der eine Verbindung bildet zwischen den einzelnen Kammern und den Stall- und Wirtschaftsräumen sowie als Klimaschutz insbesondere im Winter dient.
29. Mai: Stadtbesuch in Freiburg
Genug Wald und Wiesen – jetzt geht es zur Abwechslung mal in eine Stadt, nach Freiburg. Der Wohnmobil- Stellplatz liegt auf dem Messegelände und ist etwa vier Kilometer von der Altstadt entfernt. Ein einzigartiges Radwegenetz verbindet ihn mit der Stadt. Freiburg ist ein Radfahrer*innen- und Fußgänger*innenparadies. Mit dem Fahrrad kommt man über breite Fahrradwege und -Straßen bis in die Stadt, gleichberechtigt mit oder bevorzugt gegenüber den relativ wenigen Autos. In der Altstadt darf man nicht Fahrrad fahren und muss das Rad abstellen und zu Fuß weitergehen – die Flut von Fahrrädern wäre wohl zu groß. Heute Nachmittag bummeln wir durch die Stadt und versuchen später, den Schlossberg zu erklimmen – das ist allerdings zu Fuß eine deutlich bessere Idee als mit dem Fahrrad.
Abends genießen wir die laue Luft und gehen in der Stadt Essen. Am nächsten Morgen besuchen wir den großen Markt auf dem Münsterplatz und kaufen noch ein paar Mitbringsel, Obst und Gemüse für die letzten Tage unserer Reise.
Auf dem Rückweg erwischt Tom wahrhaftig im Rathaus der Stadt eine letzte Packung gelbe Säcke – zu Hause gibt es die seit Monaten nicht mehr.
Rückfahrt durch den mittleren Schwarzwald
Auf dem Weg Richtung Norden legen wir noch einen letzten Stoppin Haslach an der Kinzig ein. Wir parken für zwei Nächte am Kloster in Haslach und machen gegen Abend noch einen Rundgang durch die kleine Stadt, deren Altstadt unter Denkmalschutz steht.
31. Mai
Als letzte Radtour drehen wir eine große Runde mit über 1000 Höhenmetern. Zunächst geht es an der Kinzig entlang durch die sehenswerten Städtchen Hausach, Wolfach und Schiltach. In all diesen kleinen Städtchen gibt es schöne denkmalgeschützte Häuser, Läden, Geschäfte und Straßencafés. Leider ist die Bundesstraße, die ebenfalls durch das Kinzigtal führt, extrem stark von LKWs befahren, sodass die schöne Kulisse durch den Autolärm in vielen Abschnitten gestört wird.
Am Museumsbahnhof in Schiltach machen wir Mittagsrast und schauen uns die Museumsbahn an. Hinter Schiltach verlassen wir das Kinzigtal und folgen einem anderen Flüsschen, der Schiltach, bis Schramberg.
Hinter Schramberg verklingt der Verkehrslärm, denn nun geht es über etliche Kilometer steil bergauf bis zur Passhöhe „Fohlenbühl“.
Nach bergauf folgt bergab, sehr steil und lange – die Bremsen werden heiß – bis zur Kaffeepause in Hornberg.
Hinter Hornberg geht es an der Gutach entlang nach Norden und dann noch einmal hinauf auf den Katzenstein, bis wir nach einigen Kilometern bergab Haslach wieder erreichen. Auf den letzten Kilometer erwischt uns noch ein kurzer Regenschauer, wir können uns in einem Holzverschlag unterstellen.
Auf dem Rückweg nach Hause besuchen wir Freunde bei Frankfurt, dann sind sechs Wochen Schwäbische Alb und Schwarzwald auch schon wieder Vergangenheit. Schöne Gegenden mit hübschen Städten haben wir kennen gelernt, und mal wieder bestätigt bekommen:
In Deutschland kann man hervorragend Rad fahren – aber die Internetverbindungen sind katastrophal!