Obidos, Tomar und die grüne Pampa

Obidos

Von Peniche fahren wir nach Obidos, einer hübschen Kleinstadt im Centro. Sie ist bekannt für die noch vollständig erhalten gebliebene begehbare Stadtmauer und die weißen, mit Blau und Gelb abgesetzten Häuser. Die Stadt wurde seit dem 12. Jahrhundert von mehreren Königen den jeweiligen Königinnen als Hochzeitsgeschenk vermacht, weshalb sie den Beinamen Vila das Rainhas trägt. Seit 2015 gehört der Ort zum UNESCO- Kulturerbe.

Vom Parkplatz aus gehen wir am Aquädukt, welches 1570 errichtet wurde, entlang und betreten die Stadt durch das mit Azuleios und Gemälden ausgekleidete Stadttor.

Die heutige Stadtmauer und die Burg entstanden zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert und sind bis ins 21. Jahrhundert unverändert geblieben. Wir umrunden Obidos einmal vollständig und schauen von oben über die gesamte Stadtanlage, auf Dächer und in Gärten hinab.

Wie so oft sind wir begeistert darüber, dass man in Portugal auch ohne Sicherheitszäune auf Burgen und Mauern klettern darf, hier warnt lediglich ein Schild mit der Aufschrift, man sei für die eigene Sicherheit verantwortlich.

Obidos erfuhr weitreichende Zerstörungen durch das große Erdbeben im Jahr 1755, welches Lissabon in großen Teilen zerstörte. Die Häuser stammen also aus der Zeit danach. Die Gassen sind einladend und die Läden auf Tourist*innen eingerichtet, im Februar sind sind sie allerdings noch nicht blumengeschmückt und – zum Glück – noch nicht überlaufen. Wir schlendern hindurch, kaufen eine Fläschchen des berühmten Kirschlikörs Ginjinha und können im Stadttor der Musik eines Gitarrenduos lauschen. Kurz vor dem nächsten Regen- und Hagelschauer sind wir wieder in unserer Biene.

Tomar

Von Obidos aus fahren wir nachmittags über Nationalstraßen, kleinere und kleinste Straßen durch relativ dicht besiedelte Gebiete nach Santarem und folgen von dort aus dem Tejo flussaufwärts. Die Landschaft erweist sich hier als eine weite Ebene, ziemlich langweilig und öde erscheint sie. Etwa 40 Kilometer flussaufwärts finden wir hinter der Brücke bei Conventa einen ruhigen Nachtplatz am Ufer des breiten Flusses.

Bleiben wollen wir hier nicht und fahren am nächsten Tag weiter flussaufwärts. Die Landschaft wird ab Constancia wieder hügeliger. Eine Brückenüberquerung scheitert an der nicht ausreichenden Höhe der Brückenaufbauten, und so können wir erst nach einem Umweg über Abrantes auf die rechte Seite des Tejo gelangen. Einige Kilometer weiter, bei Castelo de Bode, überfahren wir die Staumauer des Barragem de Castelo de Bode. Er ist der letzte von drei aufgestauten Seen, die der Tejo durchfließt.

Blick von der Staumauer des Barragem Castelo de Bode

Tomar ist unser heutiges Ziel. Hier gibt es einen begehrten Parkplatz für Wohnmobile, ein früherer Campingplatz, auf dem man umsonst stehen kann. Der Nachmittag ist mit dem Besuch des Convento de Christo, das seit 1983 zum UNESCO- Weltkulturerbe gehört, ausgefüllt. Nach einem kurzen Gang durch die Stadt ersteigt man den Berg, auf dem der Convento erbaut wurde. Es ist eine Klosteranlage mit Wehranlagen, die von Tempelrittern ab 1162 errichtet wurde.

Blick auf den Konvent in Tomar, rechts das Aquädukt

Die Burg mit der Burgmauer, von denen noch Grundmauern, ein Bergfried und einige Mauerreste erhalten sind, sind mit der Rundkirche die ältesten Teile der Anlage. In den folgenden Jahrhunderten wurden mehrere Kreuzgänge, die an die ursprüngliche Kirche angefügte Christusritterkirche und der dreiflügelige Bau mit 40 Mönchszellen angebaut, und an die gotischen wurden barocke und manuelinische Stilelementen angefügt.

Bei der Besichtigung kann man die einstige Größe und Pracht des Convents bewundern, aber auch sehen, dass sich die Bewohner der 40 Zellen ein Waschbecken mit zwei Wasserhähnen teilen mussten und die Räumlichkeiten von einem zentralen Kaminraum aus durch Luftschächte, durch die die angewärmte Luft strömte, beheizt wurden.

Das wohl berühmteste Fenster Portugals, das Manuelinische Fenster, ist momentan wegen Restaurationsarbeiten verhüllt – wie auch Teile der Fassade.

Das Kernstück des Convents bildet die Templerkirche, die bereits im 12. Jahrhundert als 16eckiger Zentralbau mit einem 8eckigen Mittelteil, der Charola, errichtet wurde. Von einer Orgel ist nur eine riesige, über 11m hohe Orgelpfeife aus Holz erhalten geblieben.

Doch auch ein Gang über die umgebenden Burgmauern und durch die Gartenanlagen lohnt sich. Der Garten ist erst vor knapp 100 Jahren angelegt worden und wirkt wie ein verwunschener Märchengarten. Von hier kann man auch das aus dem 17. Jahrhundert stammende Aquädukt gut sehen, das dem Kloster aus den umliegenden Quellen frisches Wasser lieferte.

Aquädukt in Tomar

Am Rio Zezere

Gegen Abend erreichen wir den Rio Zezere, der manchmal Talsperre, manchmal Fluss ist. Der Zezere ist ein rund 200 Kilometer langer Nebenfluss des Tejo und entspringt in Portugal in der Serra da Estrela. Er speist drei Stauseen, den Barragem do Cabril, den Barragem da Bouca und den Barragem do Castelo de Bode. Diese Seen sind für die Strom- und Wasserversorgung bedeutend, und zum ersten Mal sehen wir einen portugiesischen Stausee zu über 80% gefüllt – es hat viel geregnet in diesem Winter. Am Barragem Castelo de Bode finden wir am Praia Fluvial de Montes genug Platz, um die Nacht direkt am See zu verbringen und Biene während der Radtour am nächsten Tag stehen zu lassen.

Endlich scheint die Sonne von einem strahlendblauen Himmel!

Wir radeln durch Montes die steilen Hänge hinauf, in einer großen Runde über Ferreira do Zezere und wieder steil hinunter zur Ponte Teixeira Antunes, einer großen Brücke über den Fluss/See. Über 1100 Höhenmeter fahren wir auf 56 Kilometer, immer wieder mit tollen Aussichten.

Am Lago Azul trainiert eine britische Damenmannschaft auf den Ruderbooten, wir schauen eine Weile zu.

In den Dörfern blühen die Magnolien, Kamelien, Calla, Strelitzien und Osterglocken; überhaupt scheint hier alles zu gedeihen: Oliven und Kiefern, Orangen und Zitronen und vielerlei Sorten Gemüse. Vor Allem jedoch stehen an jedem Hang die extrem wasserzehrenden und brandgefährdeten Eukalyptusbäume.

Nachmittags bewegen wir Biene ein Stück am Rio Zezere flussaufwärts bis Foz de Alge auf einen idyllisch gelegenen Campingplatz, wo wir direkt am See stehen können. Drei Nächte bleiben wie hier, pro Nacht kostet er nur 15€.

Am Morgen

In Foz de Alge fließt die Alge in den Rio Zezere. Am Rio Alge gab es bis Mitte des letzten Jahrhunderts Verschmutzungen durch Schwermetalle aus den Erzminen im Oberlauf, sie haben bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts die Wasserqualität des Zezere negativ beeinflusst. Heute befinden sich an der Mündung eine öffentliche Badestelle und ein Wassersportclub.

Die Sonne scheint, und obwohl es mit 11 bis 12 Grad kalt ist und bleibt, drehen wir am Zezere vom Campingplatz aus zwei Radrunden. Wir fahren gerne bergauf und bergab, hier jedoch sind die Hänge so extrem steil und oft auch so lang, dass es uns am zweiten Tag zu viel wird. Nach 26 Kilometern mit 900 Höhenmetern sind die Akkus der E-Bikes fast leer. Außerdem gefällt uns die Eukalyptus-Monokultur an den steilen Hängen nicht so gut wie die sanfteren Hügel im Alentejo und im Osten Portugals, die wir vor drei Jahren kennen lernen durften.

Die Vorräte gehen zur Neige, und so verabschieden wir uns von diesem schönen Campingplatz, füllen in Figueiro dos Vinhos Super-Diesel (für 1,48€!!) und Essen auf und waschen erst einmal Wäsche beim Intermarché. Danach geht es über eine tolle Bergstrecke durch die Serra da Lousa, bis auf über 930m Höhe.

Die Aldeias do Xisto

Auf der Nordseite der Serra gelangen wir nach Candal, einem der Aldeias do Xisto, zu Deutsch: der Schieferdörfer. Die Aldeias do Xisto sind ein Verbund aus Dörfern, die für ihre traditionellen Schieferbauten bekannt sind. Die Häuser, inclusive der Dächer, der Treppen und Terrassen sind aus den Schiefergesteinen der Umgebung erbaut worden. Der Erhalt der Häuser bzw. deren Restaurierung und Nutzung für kulturelle und handwerkliche, touristische und  gastronomische Zwecke ist das Ziel eines Programms der Regionalverwaltung, das anfänglich mit viel Geld gefördert wurde. Das Konzept beinhaltet auch den Ausbau von Wanderwegen und gilt als erfolgreich – mit steigenden Besucher- und Übernachtungszahlen.

Wir besuchen das Dorf Candal zu einer Jahreszeit, in der wir fast allein und die Läden und Cafés innerhalb des Dorfes geschlossen sind. Fast ohne anderen Menschen zu begegnen, ersteigen wir über Schiefertreppen das an einem Steilhang gelegene eindrucksvolle, wie ein Freilichtmuseum wirkende Dorf. Allerdings: Man hat nicht den Eindruck, als ob hier noch (viele) Menschen wohnen.

Ein paar Kilometer weiter übernachten wir auf dem hoch gelegenen, nur über eine schmale Serpentinenstraße zu erreichenden Parkplatz eines weiteren Schieferdorfes, Cerdeira, mit Blick auf die Häuser und die tiefe Schlucht, an dessen Steilhänge Cerdeira gebaut ist.

Im Abendlicht leuchten die Steinhäuser und Gassen in der Sonne.

Tags darauf radeln wir von Candal aus zu weiteren Schieferdörfern. Nicht jedes Dorf wurde in das Förderprogramm aufgenommen, so ist Catarredor fast verfallen. In Talasnal hingegen wurden die Gebäude restauriert, und wir machen einen Rundgang durch das wiederum am Steilhang gelegene Dorf. Ein jedes Haus hat winzige Fenster, aber eine Terrasse mit Ausblick; hier reicht der Blick ins Tal bis nach Lousa und darüber hinaus. Wie in den anderen gut restaurierten Dörfern werden etliche der Häuser an Touristen vermietet, und in den wärmeren Monaten gibt es wohl auch mindestens ein Café / Restaurant und einen Laden.

Blick auf Talasnal

Die Radelrunde führt über Casal Novo bis nach Lousa über schmale, oft in Baumgrün gehüllte Straßen ins Tal, am Castel vorbei und dann über moderate Steigungen zurück nach Candal.

Barragem de Fronhas

Nachmittags laden wir die Räder wieder auf und reisen weiter nach Norden bis zum Barragem de Fronhas. An diesem kleinen und sehr wasserarmen Stausee – er wirkt eher wie ein Fluss – finden wir einen einsamen stillen Nachtplatz am Ufer.

Tags darauf radeln wir um den Stausee – ein kleiner See in einer sehr bergigen Landschaft, die wie diejenige der Serra de Lousa an eine deutsche Mittelgebirgslandschaft erinnert. Allerdings sind die Fichten auch hier wieder Eukalyptusbäume und Kiefern. Viele Dörfer thronen auf den Hügeln ringsum oder hocken an den Hängen – die hügelige Einsamkeit des Alentejo oder des Ostens Portugals nahe der spanischen Grenze vermissen wir auch hier.

Mit der Aussicht auf einige regenreiche Tage fahren wir am 5. März wieder in Richtung Atlantik.

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