An der Nordküste Cornwalls

Von Saint Agnes nach Newquay

Am 26. Juni fahren wir etwa 50 Kilometer weiter nach Nordosten und nehmen bei Saint Agnes für zwei Nächte Quartier auf einem besonders preiswerten, gut ausgestatteten Campingplatz. Der Tag ist trüb, so dass es bei einem kleinen Spaziergang in den Ort bleibt und wir anschließend lesen und faulenzen.

Am nächsten Tag sieht es wieder freundlicher aus – die Wetterlage wechselt schnell und ist grundsätzlich nicht voraussagbar. Neben Verpflegung werden die Regensachen eingepackt, dann drehen wir eine große Radrunde entlang der Atlantikküste mit ihren abwechslungsreichen Buchten, über Perranporth und Holywell und in einem Bogen über Land zurück. Der größte Teil des Weges führt über schmale Straßen mit wenig Verkehr, auf denen das Radeln Freude macht. In Holywell fühlen wir uns an die Nordsee versetzt – hier gibt es Sanddünen mit dem typischen Strandhaferbewuchs und einen großen Sandstrand.

Das Trerice- Haus liegt auf unserem weiteren Weg nach Newquay. Trerice ist ein großes, sehenswertes elisabethianisches Herrenhaus, welches im 16. Jahrhundert erbaut wurde und sehr lange Zeit im Besitz zweier adeliger Familien war. 1957 wurde es vom National Trust übernommen und restauriert. Typisch sind der E-förmige Grundriss, die großen, vielfach unterteilten Fenster und die Innenaufteilung des Hauses. Die zu besichtigenden Einrichtungsgegenstände stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, einige sind auch späteren Datums.

Trerice House

Im Knotengarten fängt gerade der Lavendel an zu blühen, es gibt Apfelbäume und gemütliche Ecken mit Bänken und etwas höher gelegen eine Wiese mit alten Kegelbahnen. Ein Café nahe den Stallungen lädt zum Verweilen ein, doch auch auf den Wiesen breiten die Menschen ihre Picknicks aus.

Nahe der größeren Küstenstadt Newquay verbringen wir bei „Piggies“ auf dem großen Wiesen- Campingplatz zwei Tage. Die Besitzer sind sehr freundlich und erkundigen sich täglich, wie es uns geht – sie sind neu im Geschäft und haben den Platz erst im November übernommen.

Von hier aus erkunden wir am 30. Juni Newquay, das größte Seebad Cornwalls. An der Küste liegen mehrere Sandstrände, die den Ort für Touristen attraktiv gemacht haben – heute macht er auf uns einen in Teilbereichen etwas verwahrlosten Eindruck.

Im kleinen, etwas abgeschiedenen Hafen erkennt man noch, dass Newquay einst ein Fischerdorf war, doch heute spielt sich das Leben oberhalb der Strände in den Straßen ab. Quirlig, bunt und überfüllt ist es hier, fast alle Menschen sind sommerlich gekleidet, kurzärmelig und mit kurzen Hosen und kurzen Röcken unterwegs und trotzen den kühlen Temperaturen. Engländer haben eine hohe Schmerzgrenze gegenüber den ortstypischen Temperaturen, die bisher die 18-Grad – Marke nicht überstiegen haben, eher meist darunter liegen. Surfshops, Bekleidungsgeschäfte und vor Allem Imbissgeschäfte gibt es hier zuhauf.

Über eine Landzunge führt der Weg von der Stadt zum Headland mit dem Luxushotel „The Headland“ und schließlich zurück am Huer´s Hut vorbei, einer heute weiß gekalkten Steinhütte, von der aus früher ein Beobachter den Fischern die Sichtung von Fischschwärmen lautstark Kund tat.

Von Newquay nach Padstow

Leider wird das Wetter insgesamt kühler und windiger als in den ersten Wochen und auch häufiger nass, was unsere Aktivitäten etwas behindert. Wir verlagern unseren Ausgangspunkt an die Küste auf eine riesige Camper-Wiese ohne jeglichen Komfort für 25£ in bar, aber mit tollem Blick auf den Atlantik und unmittelbar am Coast Path gelegen.

Von hier aus geht es bei sehr windigem, aber trockenem Wetter über den SWCP zu den Bedruthan Steps, gewaltigen, der Küste vorgelagerten Felsen, auf denen einst der Riese Bedruthan an Land gestiegen sein soll – so ein cornisches Märchen. Immer aufs Neue begeistert uns der Pfad, der – mal breiter, oft schmal, hier ohne Hecken mit direktem freiem Blick aufs Meer, unmittelbar an der Küste entlangführt.

Anderntags, am 1. Juli, laufen wir in die entgegengesetzte Richtung zum kleinen Ort Porthcothan, in der nächsten Bucht gelegen. Bei Niedrigwasser läuft das Wasser so weit aus der flachen sandigen Bucht heraus, dass Badende mehr als 200 Meter laufen müssen, um noch nasse Füße zu bekommen. Sehr attraktive Ferienhäuser gibt es hier, mit riesigen Fenstern dem Meer zugewandt.

Im Dorf gibt es zwar einen kleinen Laden, doch hier können wir, entgegen anders lautenden Informationen, keine englischen Pfund holen. Das letzte Bargeld, zusammengekratzt aus sämtlichen Jackentaschen, ermöglicht uns eine weitere Nacht auf der Atlantikwiese, dann müssen wir weiter.

Auf dem Weg nach Padstow kommen wir an Prideaux Place vorbei, einem noblen Herrenhaus, das 1592 erbaut wurde. Noch heute ist es im Besitz der Prideaux- Familie. Rosamunde-Pilcher-Fans werden es aus einigen der verfilmten Bücher wiedererkennen.

Prideuax Place

Das Haus besichtigen wir nur von außen, wandern durch die Gärten und am hauseigenen Damwild- Gehege vorbei und fahren schließlich nach Padstow, wo wir einen etwas außerhalb gelegenen Tagesparkplatz für Biene finden.

Padstow, ein weiterer kleiner, recht hübscher Küstenort mit Hafen, ist touristisch sehr überlaufen. Nach einer Laufrunde durch den Hafen und die anliegenden Sträßchen haben wir genug gesehen und suchen wir einen Campingplatz auf der anderen Seite des River Camel auf, Blakes Keiro Farm. Mal wieder eine große Wiese mit Aussicht, für die wir zunächst 32£ pro Nacht zahlen sollen, letztendlich nach einigen Verhandlungen aber nur 20£ bezahlen. Unbedingt möchten wir von hier aus den Camel Trail radeln.

Campsite Blakes Keiro Farm mit Blick Richtung River Camel

Ein sehr freundlicher älterer Nachbar bringt sogar noch eine eigens für uns erstellte Zeichnung des zu fahrenden Weges vorbei und gibt Tipps, in welchem Pub man am besten essen könne. Allerdings durchkreuzt das stürmische Regenwetter des nächsten Tages unsere Pläne, wir bleiben eine Nacht länger und verschieben die Tour auf den 4. Juli, an dem es zumindest trocken ist.

Bis zum Beginn des Trails auf einer stillgelegten Bahnstrecke – für uns in Tresarrett – radeln wir über etliche Hügel nach Osten, danach führt die Strecke am River Camel entlang zurück bis Padstow. Gemütlich geht es hier immer ein wenig bergab, zuerst durch knorrige Wälder, später durch die Wiesen- und Wasserlandschaft bis Padstow, wo die Fähre uns hinüber bringt nach Rock. Ein schöner Rad- und Fußwanderweg, der allerdings zwischen Wadebridge und Padstow sehr voll wird – hier gibt es Fahrradverleihe und zusätzlich laufen viele Spaziergänger diese letzten Kilometer entlang. Während wir radeln, füllt sich der Fluss immer mehr mit dem einströmenden Meereswasser.

Leider stürmt und regnet es am folgenden Tag wieder, so dass weder eine weitere Radtour noch eine Wanderung sinnvoll sind und wir die Reise an der Nordküste Cornwalls fortsetzen.

Von Padstow nach Tintagel

Einen Stopp legen wir bei Port William ein und vertreten uns die Füße in dieser hübschen kleinen Hafenbucht mit dem Trebarwith Beach. Windig und regnerisch ist es auch hier, doch Felsstrand und Ort laden zum Schauen und Fotografieren ein.

Nachmittags findet sich ein kostenfreier Parkplatz in Nähe der St. Materiana Church bei Tintagel. Von hier aus kann man mit einem kleinen Spaziergang an der Küste entlang den Felsen mit der Burg Tintagel erreichen. Die Burgruine, hoch gelegen auf zwei heute mit einer Brücke verbundenen Klippen, ist Grund für die Touristenmassen, die hier jährlich angeschwemmt werden (im Jahr 2022 waren es 280.000). Hier in dieser Burg soll nach der Legende Artus gezeugt worden und unter Anleitung des Zauberers Merlin aufgewachsen sein. Die Höhle unterhalb des Burgberges wird denn auch Merlin´s Cave genannt und ist vom Strand aus bei Niedrigwasser zugänglich.

Den Eintritt von über 20£ pro Person für die Überquerung der Brücke und eine Nahaufnahme der Skulptur König Artus´ sparen wir uns. Die Edelstahlskulptur, die König Artus darstellt, steht auf dem vorgelagerten Felsen und hat eine Höhe von 5,80m.

Wir erkunden statt dessen lieber die Bucht mit ihren riesigen Felsen, der Höhle und einem Wasserfall.

Am 5. Juli spielt das Wetter wieder mit: Zwar stürmt der Wind in Böen bis 70 km/h, doch die Sonne scheint und es bleibt trocken während der Wanderung vom Wohnmobilstellplatz in Tintagel bis nach Boscastle. Wie an anderen Streckenabschnitten zuvor begeistert uns auch jetzt wieder der hier besonders steil auf und ab führende Küstenweg mit seinen Ausblicken auf Wasser, Felsen und übers Land.

In Boscastle haben wir genügend Zeit uns den Teil des schmucken Städtchens zwischen Carpark und Hafen anzuschauen, bevor der Bus uns zurückbringt nach Tintagel.

Auch ein Erlebnis der besonderen Art ist es, mit dem Bus durch die engen Straßen Cornwalls zu reisen! Touristen-Passagiere schreien immer wieder auf und weichen von der Außenseite zurück, wenn es an Hecken oder im Millimeter-Abstand an Autos vorbei geht.

Am 7. Juli statten wir dem über 600 Jahre alten Old Post Office in Tintagel noch einen Besuch ab, bevor wir Cornwall Richtung Osten verlassen. In dem alten Stadtbauernhaus biegen sich die Dachbalken unter dem Schieferdach, das im 17. Jahrhundert gegen ein Reetdach ausgetauscht wurde. Die mittelalterlichen offenen Feuerstellen wurden im 17. Jahrhundert durch Kamine in jedem Zimmer ersetzt. Innen ist das Haus mit Möbeln und Utensilien aus dem 16.-19. Jahrhundert ausgestattet.

Old Post Office, Tintagle

Etliche kleine Geschäfte verkaufen in Tintagel die typischen Andenken, einige ansprechende Steinhäuser vervollständigen das Ortsbild.

Im westlichsten Zipfel Cornwalls

Rund um St. Hilary

Der nächste Ausgangspunkt liegt für uns in St. Hilary bei Marazion. Der neu eröffnete Stellplatz ist offenbar noch kaum bekannt und bietet viel Platz, wir sind fast die Einzigen auf dem großen, sorgfältig angelegten und gepflegten Wiesenplatz. Von hier aus radeln wir am nächsten Tag nach Porthleven, etwas südöstlich an der Küste Cornwalls gelegen. In der hügeligen Umgebung entdecken wir auf dem Weg zwischen den drei Meter hohen Hecken, die mit Farnen, Brombeeren, Fingerhut und vielen Gräsern bewachsen sind, die Ruine einer ehemaligen Kupfer- und Zinnmine.

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Von Kingsbridge zur Lizard-Halbinsel

An der Südküste Englands bewegen wir uns langsam weiter nach Westen. Längere Strecken können wir über die autobahnähnliche A38 fahren, die Abstecher in küstennahe Kleinstädtchen und Dörfer führen oft über schmale, mit hohen Hecken gesäumte und kaum einsehbare Straßen. Auf diesen Wegen legen wir manchmal nur 15 Meilen in einer Stunde zurück. Die Landschaften und Dörfer in Küstennähe sind beeindruckend saftig, grün, farbenfroh und bergig. Die Engländer, mit denen wir ins Gespräch kommen, sind auch vom etwas wechselhaften, aber meist trockenen Wetter begeistert: Sobald die Sonne herauskommt, ist es ein lovely day und lädt zum Wandern, Baden oder Reiten ein. Footpathes und auch bridleways gibt es überall zuhauf.

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